Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

448 23. Kapitel. (S. 34). Was also heute Diophantische Analytik genannt zu werden pflegt, was man als Diophantische GleichUngen deni Schulunterrichte einverleibt hat, das darf main bei Diophant niclit suchen. Diophant, sagen wir, h6st unbestimmite Aufgaben in rationalen Zahien, und daraus folgt, dass flir Bin eine unbestimmte Aufgabe mit aufsuchungsbedilrftigen Wurzeln nur dann vorhanden sein kann, wenn der Grad sich auf den zweiten erhebt, ja in nicht wenigen Fillen *reiss er noch Aufgaben vom dritten und vierten Grade zu bew~illtigein. Unsere Leser werden nun vielleicht nach den Methoden fragen, deren Diophant sich bei Aufl'osung dieser unbestimmiten Aufgaben bedient,7 sie werden diese Frage urn so sicherer stellen, wenn sie wissen, dass der Geschichtsschreiber neuerer Zeit, der am eingebendsten mit Diophant sich beschilftigt hat, ei-nem umfangreichen Kapitel gradezu die Ueberschrift,,Diophants Aufli~sungsmethoden" gegeben hat'). Aber neben dem limfange jenes Kapitels selbst sind dessen erste Worte geeignet die dureli die Ueberschrift geweckten Erwartungen zurilekzudriingen:,, Diophants Methoden in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit -vollstaindig darstellen hiesse nichts anderes, als sein Buch abschreiben." Darin liegt das Zugestiindniss, dass Diophant keine einheitliche Methode besass, ja niclit einmial eine Auzahi von Methoden, deren jede fuir sich zur Bew~iltigung einer umgrenzten Gruppe von Aufgaben diente.,,Diophant war", wie emn anderer genauer Kenner seiner Werke sich sehr bezeichnend ausgedriiekt hat 2),,,ein gliliazender Virtuos in der von ihm erfundenen K u ist der unbestimmten Analytik, die Wi ss ens chaft hat jedoch, wenigstens unmittelbar, diesem gliinzenden Talente wenig Methoden zu verdaiiken, weil es ihm an dem spekulativen Sinne fehite, der in dem Wahren mehr als das Richtige sieht."- Seine Yirtuositiit zeigt er vornehnilich in der Wahi der unbekannten Gr6sse. Was wir oben bei Gelegenheit bestimniter Aufgaben mit zwei Unbekannten, die er auf die Auffindung einer einzigen Unbekannten znriickzufllhren wusste, ra~hmen durften, gilt auch fMr Diophants unabestimmte Aufgaben. Er greift die zu suheneide Gribsse so geschickt heraus, dass verhaltuissniassig gering-e Miihe noch erforderlich ist, die Aufgabe vollends zu bewiailtigen, wahrend andrerseits die Willkiirlichkeit der Yoraussetzungen, weiche er sich gestattet, in keiner Weise zu rechtfertigen gesucht wird, eine Rechtfertigung auch nicht, gestattet. Wenn Diophant z. B. in der 7. Aufgabe des III. Buches') drei Zahlen von der Beschaffenheit sucht, dass sowohi die Summe von allen ')Nesselmann, Algebra der Griechen S. 355-436. 2) llankel S. 165. ')Diophant (Tannery) pag. 146-148, (Wertheim) S. 89.

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 448
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 13, 2025.
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