Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

222

I 1. Kapitel.

man annelimen, Platon habe, indem er jenen Tadel gegen Eudoxus,
Archytas, Men~ichmus aussprach, zugleich beigefiigt, es sei ja keiine
Kunst eine Wtirfelverdoppelung mechaniseli vorzunehmen, dazu genilge eine einfache Vorriclitung, wie wir sie oben nach Eutokius
geschildert haben, aber das sei keine Geometrie, denn diese solle und
mfisse an ewige und k~5rperlose Gedankenbilder sich halten. Oder
aber, und das ist entschieden das Bequemste, man hailt sich nur an
die Notiz des Plutarch, an das Schweigen des Eratosthenes uned
schiebt die ganze Mittheilung des Eutokius, wie oben bemerkt, vornelim bei Seite, so weit sie wenigstenis auf Platon Bezug hat. Oder
endlich, und das ist wenigstens, das Ehrlichste, weun kein anderer
Vorzugr noch Vorwurf an dieser Mi5glichkeit haftet, man gestelit zn,
dass hier emn Widerspruch vorliege, den aus dem Wege zu riiumen
gegenwairtig keine gen-agenden Mittel zur Hand sind.
1 1. Kapitel.
Die Aka'demie. Aristoteles.
Wir folgen weiter dem Mathematikerverzeicbnisse, weiches, im
niichsten Satze drei Namen vereinigt, indem es sagt:,,n diese Zeit gehb5rt auch Leodamas von Thasos und Archytas
von Tarent und The~itet von Athen, durch weiche die Theoreme vermehrt, wurden und zu einer strengen wissenschaftiehen Darstelluing
gelangten."
Von Leodamas von Thasos haben wir im vorigen Kapitel
erzahlt, was allein von ilim bekannt ist, niclit Vieles aber emn Grosses,
dass ffir ihn (S. 207) Platon die analytische Methode ersaun, beziehungsweise sie irn mitthejite.
Archytas von Tarent') mag etwa 430-365 gelebt haben,
fast gleichzeitig mit Platon geboren, an weichen ihn auch, wie wir
wissen, wiihrend dessen Aufenthalt in Grossgriechenland (S. 202) emn
enuges Freundschaftsverhaltniss band. Archytas war seiner ileimath
wie seinem Bildungsgange nach Pythagora'er. Er war Staatsmanii
nnd Feldherr und versali wiederholt die hdchsten Aemter in seiner
Yaterstadt. Semnen Tod fand er, wie wir durch Horaz Wissen 2),
1)Jo s. N avar ro, Tentamen de Archytae [Iarentini vitas atque op eribus
(Kopenhagner Doktordissertation 1819). Grupp e, Ueber die Fragmente des
Archytas und der iilteren Pytliagor~er (Preisschrift der Berliner Akadermie 1840).
L. B oe ckh, Ueber den Zusanamenhang der Seliriften, weiche der Pytbagoriaer
Archytas hinterlassen haben soil (Karlsruher Lyceumasprogrammn 841). Ch aign et
it 255-331. 2-) Horatius, Lib. I, Ode 28.