Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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9. Kapitel.

betrachtet werden mfissen. Eiunmal schrieb er in den lKreis ein
Quadrat eim'), ging von diesem, zum. Acliteck, Sechzehneck u. s. w.
fiber. Man solle so fortschreiten bis dem. Kreise emn Vieleck werde
eingeschrieben werden, dessen Seiten ibrer Kleinheit halber mit dem.
Kreise zusammenfallen wiirden. Nun kdnne man, wie man in den
Elementen gelernut habe, zu jedem. Vielecke emn gleicliflachiges Quadrat
zeichnen, foiglich auch zu dem Kreise mittels, des Vielecks, weiches
an seine Stelle getreten sei. So der Bericlit des Simplicius, eines
Erkl'airers des Aristoteles aus, dem, VI. S., in seinem Commentare zur
Physik des Stagiriten als Einleitung in den selbst aus Eudemus, gesch6pften Bericht fiber den Quadrirungsversuch des Hippokrates, der
uns nacliher zu beschiiftigen hat. Emn anderer Commentator des
Aristoteles, Themistius, weiss dagegen die Sacie anders 2). Antiphon
habe emn gleichseitigres Dreieck in den Kreis eingeschrieben und fiber
jede Seite desselben emn gleichscheiikliges Dreieck, dessen Spitze anf
dem, Kreisnmfang lag und so fort. So glatibte er, dass die gradlinige
Seite des letzten Dreiecks mit dem. Bogen zusammenfallen werde.
Uns, erseheinen diese beiden Versuche als gleich gut beglaubigt und
einander in so weit ergiainzend, als wir ihnen entnehmen, dass Antiphon mit dem Zusammenfallen des Kreises mnit dem. Vielecke von sehr
vielen und selir kleinen Seiten sich doch niclit so rasch und gainzlich
befriedigt fhiflte, und jedenfalls in zweierlei Anni-Iherungen zu einer
soichen aus graden Strecken zusammen~gesetzten Figur zu gelangen
strebte, weiche an die Stelle des Kreises treten soilte.
Emn anderer Geometer der gleichen Zeit etwa wie Antiphori war
der Sophist Br yso n aus Heraklaia, der Sohn des Herodorus. Er
wird auch wohi als Pythagoriier bezeichnet. Er ging in seinem. Versuche die Quadratur des Kreises zu finden, von weichem. wir wieder
durch einen anderen Erklilirer des Aristoteles, durch Johannes Philoponus unterrichtet sind 3), urn einen selir bedeutsamen Schritt fiber
Antiphon hinaus. Er begnfigte sich nicht damit emn Kleinieres als
den Kreis zu finden, weiches sich nur wenig von ihm. untersehied, er
versehaifte sich auch emn der gleicben Forderung genilgendes, Grdsseres.
Er zeichmete neben den eingeschriebenen Vielecken auch umschriebene
Vielecke von immer gro~sserer Seitenzahi und beging bei Ausfifihruug
dieses vollst~indig richtigen Gedankens naur einen damals freilich verzeihlichen Fehier, indem. er meinte, die Kreisflache sei das arithmetische
Mittel zwischen einem. eingeschriebenen und einem. umschriebenaen
')Der Bericlit des Simplicius abgedruckt bei Brets clneider, der das
grosse Verdienst sich erworben hat, diese salmmtlichen lintersuchungen zuerst
fMr die Geschichte der Mathemnatik nutzbringend gemaclit zu haben. 2) Bretschneider 126. 8) Bretschneider 126.