Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Mathem. ausserhalb d. pythagor. Schule. llippokrates von Chios. 189 Krieg urn das Jalir 440 gewesen, an weichem thats'achlich die Byzaintiner gegen die Atliener theilnalimen, und urn diese Zeit sei also Hippokrates nach Athen gekommen. Oline die Mbglichkeit in Abrede zu stellen, dass es sich so verhalten haben k6nine, bediirfena wir jedoch dieser Vermuthung niclit, urn die wichtigste Folgerung zu ziehena, welehe sie fMr uns enthiilt, niiilich den Aufenthalt des Hippokrates in Athen zu. begriinden und zeitlich zu bestimmen. Die unge-. fiihre Lebenszeit des Hippokrates geht schon aus seiner Stellung innerhaib des Mathematikerzeichnisses hervor, sein Aufenthalt in Athen, der Stadt, welehe grade darnals mit Reclit begann als erste Stadt Griechenlands zn gelten, hat eine besondere Veranlassung nicht nothwendig gehabt. Jedenfalls war llippokrates von Chios in der zwei'ten Hiilfte des V. S. in Athen und karn dort mit Pythagoriiern, d. h. offenbar mit versprengten Mitgliedern der italischen Schule zusamamen, in deren Geselisehaft er geornetrisches Wissen sich aneignete. Es wird sogar erziihlt, er habe es selir bald dahin gebracht, selbst Unterriclit in der Mathematik ertheilen zu. k6nnen und habe daffir Bezahiung angenommen. Von da an haitten die Pythagoraer iln gemieden 1). Diese Geschichte erseheint, insbesondere was den dureli Hippokrates gewohnheitsmiissig ertheilten mathematisehen Unterriclit betrifft, selir glaubwUrdig. Damit stimmt namlich vortrefflich Uberein, was das Mathematikerverzeichniss uns meldet, dass Hipp okrates das erste Elementarlelirbuch der Mathematik verfasst habe. Weit hervorragender aber sind die eigentlichen geometrischen Erfindungen des Hippokrates, weiche auf zwei Probleme sich beziehen: auf die Quadratur des Kreises und auf die Verdoppelung des Wiirfels. Die Quadratur des Kreises, von Anaxagoras zuerst versuclit, hat auch unter den Sophisten wenige Jabrzehnte vor llippokrates weinn niclit bis zu. seiner Zeit herab Bearbeiter gefunden. Mit walirer Wortklauberei sucliten die Einen nach einer Quadratzahl, die zugleich cyklisch sei 2), d. h. mit derselben Endziffer sehliesse wie ihre Wurzel z. B. 25 == 5', 36 ==62, aber das mtissen jedenfalls die mathematisch Unwissenden gewesen sein, gegen weiche die Versuche eines Antiphon nud eines Bryson wohlthiitig abstechen. Antiphon, emn Zeitgenosse des Sokrates, mit weichem er fiber versehiedene Dinge in Hader lag'3), schiug, wie es scheint, zwei Wege ein, welehe als versehiedene Versuche von Thnlichem Gedankengainge ')Jamblichus, -De philosoph. Pythagor. Mi. III, bei Ansse de VilloiSonl, Anecdota Graeca, pag. 216. 2) So berichtet Simplicius in einer unter Anderen bei Bretschneider 106-107 abgedruckten Stelle. 8 Diogenes Laertius II, 46.

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
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Page 189
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 13, 2025.
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