Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Pythiagoras und die Pythagor~er. Geornetrie.17

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romekie als diejenigen Gegens'atze in die pythagor'aische Kategorientafel, welche uns dureli Aristoteles bekannt geworden ist, aufnahm,2
die den sonst dort fehienden Gegensatz des Rationalen und Irrationalen
ersetzen soliten'). Wir haben eine solche von der unsrigen zunilchst
abweichende Erkiarung angekiindigt (S. 150) und nicht ganz von
der Hand gewiesen. Allein sie vol~kommen uns anzueignen, auch in
der Verbindung mit unserer eigenen Yermuthung, die wir dort als
nothwendig betonten, verm~5gen wir trotz eines unterstiftzenden
Grundes, auf welchen wir im 11. Kapitel zu reden kommen, doch
nicht. Es kdnnte nilmileli grade das Fehlen des Gegensatzes des
Rationalen und des Irrationalen in der Kategorientafel als bezeichnend
betraclitet werden miissen.
Nach eiuem alten Scholion zum X. Buche der euklidischen Elemente, welehes man in neuerer Zeit dem Prokius zuzuschreiben
pflegt2), diirfte diese Annalime eiue nielit ungerechtfertigte sein.,, Man sagt, dass derjenige', weleher zuerst die Betrachtung des Irrationalen. aus dem Verborgenen in die Oeffentlichkeit braclite, dureli
einen Sehiffbruch umgekommen sei, und zwar weil das Unausspreciliche und Bildiose immer verborgen werden sollte, und dass der,
weicher von Ungefiihr dieses Buld des Lebens beriflirte und aufdeekte,
an den Ort der Entstehung- ) versetzt und dort von ewigen Fluthen
umsp-alt wurde. Soiche Ehrfurcht hatten diese Miinner vor der
Theorie des Irrationalen."
Das Mystische dieser Erklarungen stimmt allerdings durchaus zu
den Ubrigen philosophischen Floskeln des Proklus und sie sind offenbar pythagoriiischer Ueberlieferunag entnommen. Mystisch war, das
ist wieder einer der allseitig anerkannten Punkte, der gauze Pythagoriiismus, und wir diirfen vielleicht hier als an dem geeignetsten
Orte darauf hinweisen, dass Philolauso schon die Winkel von
Figuren bestimmten G'Ottern weihte4), dass Platon umgekehrt
die Gottheit immer geometrisch zu Werke gehen liess').
1) So die MeinungiHank els 8. 110, A-nmerkung. 2) K no ch e, Untersuchungen
iiber die neu aufgefu-ndenen Scholien des Proklus Diadochus zu Euklids Elemnenten. ilerford, 1866, S. 17-28, besonders S. 23. ') Dr. P. ilohifeld inachte
uris brieffich aufaierksam, die griechische Stelle heisse Eli; vbv r~g7via
nir7ov = an den Ort der Entstehung, womit die Uebersetzung des C omminan dinu s
in generationis hoc east profundi locurn ilereinstimme; wenn Hankel iibersetze,,in den Ort der MUtter" so beruhe dieses wahrscheinlich auf unbewusster Erin-nerung an eune bekannte Stelle in Gt~the's Faust, zweiter Theil. 4) BS ckh,
Philolaus S. 155. Chaignet I, 245-247. -') Plutarchus Convivia VIII, 2
ThIk flUcmcv F"UXyE ib'v i9s'~v &eL ymaprqdv. Die Stelle bei Platon selbst ist
nicht bekannt. Wenn V os s i us in seiner Geschicbte der Mathematik daffir auf den
Dialog,,Philebus" verweist, so diirfte diesee Citat auf einem Irrthunm beruhen.