Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

170 7. Kapitel. deckte das Irrationale, worauf das alte Mathematikerverzeichniss emn so sehr berechtigtes Gewiclit legt. Er entdeekte es grade an der Hypotenuse des gleichisehenkligen reelitwinkligen Dreiecks, wie aus mehr als nur einem, Umstande wahrseheinlich gemaclit werden kaun. So erzahlt uns Platon, der Pythagoraer T he o d or us v on K yr e ne, der ihn selbst in der Mathematik unterriclitet hatte, habe bewiesen, dass die Quadratwurzel aus 3, aus 5 und anderen Zahien bis zu 17 irrational sei 1). Von der lrrationalit'at der Quadratwurzel aus 2 ist dabei keine Rede; diese muss also vorher bekaunt gewesen sein. Aristoteles weiss dagegen an vielen Stellen von der Irrationalita~t der Diagonale des Quadrates von der Seite 1 zu reden, und sagt einmal gradezu, der Grund dieser Irrationalit'ait liege darin, weil soust Grades und Ungrades gleich sein mlisste2 2) Den Sinn dieser Worte erlautert aber Euklid. Er gibt nalmlich folgenden Beweis, den wir nur so weit abgeandert hahen, dass wir Euklids Worte in moderne Zeichensprache umsetzten3). Es sei AIF zu A B (Figur 27) commensurabel A B ~~und verhalte sich in kleinsten Zahien wie a zu/; folglich muss wegen A F > A B auci a > /3 und sicherlich > 1 sein. Weiter folgt ArF2: A B 2 - a2: /32 und wegen Ar 2 - 9AB2 auch a2 = —2/2, folglich a2 und mit dieser Zalil zugleich audi a eine grade Zahi. r Die zu a theilerfremde /3 muss daher ungrade sein. Fig. 27. Die -grade a sei = 2 y, So folgt a2 == 4 72. Es war a2 -= 2/32, mithin ist 2/32 - 4y72, /32 -2 y2 grad und auch /3 grad, was mit dem eben bewiesenen Gegentheil einen Widerspruch bildet, der zur Aufhebung der Annalime fillirt, als k~nne die Diagonale mit der Quadratseite in einem rationalen Zahlenverh~iltnisse stehen. Man sielit, das muss der Beweis gewesen sein, an welehen Aristoteles bei seiner Aeusserung daclite. Es ist also emn Beweis, dessen Alterthum l-ber Aristoteles hinaufreicht, und der, nach der kurzen Weise, in weicher dieser ihn andeutet, zu schliessen, den Lesern des Aristoteles zur Genilge bekannt sein musste. Wir gehen deshaib vielleiclit nicit zu weit, weun wir grade diesen Beweis als einen hergebrachten ansehen, als, denjenigen, der in der alten pythagoraischen Schule gefiihrt wurde, mag ihn Pythagoras selbst oder einen seiner unmittelbaren Schiller und Nachfolger ersonnen hahen. War in der That die Diagonale des Quadrates als irrational, die Diagonale des Reehteckes mit den um eine Liaingeneinheit, verschiedenen Seiten 3 und 4 als rational, namlich mit der Lange 5, bekannt, dan-n war es m6glich, dass man audli Quadrat und Hete') Platon, Theaetet 147, D. ') Aristoteles, An alytica prot.I1, 23, 11. 8)Euklid X, 117.

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 170
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 14, 2025.
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