Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Pythagoras und die Pythagoriter. Geometrie.19 169 sondern umgekehrt m'Ogen ihn die Beispiele, zweier Quadratzahlen, deren Summe wieder eine Quadratzahl, ist, auf die Relation zwischen den Quadraten der Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks aufmerksani gemaclit habena"1). So driickte sich ein deutscher Gelehrter bereits 1833 aus, weicher vermuthiloli zuerst diese, wie wir glauben, richtige, Anschauung von dem Entwicklungsgange sich aneignete. Pythagoras bemerkte, meinen wir, dass, 9 + 16 = 25 (S. 158). Als er diese unter alien Umst~inden interessante Bemerkung machte, kaunte er bereits, gleicliviel aus weicher Quelle, die Erfahrungsthatsache, dass emn rechter Winkel duroli Annalime der Maasszahlen 3, 4, 5 fMr die LUdngen der beiden Schenkel und fMr die Entfernung der Eindpunkte derselben construirt werde. Wir haben (S. 64) darauf hingewiesen, dass die Aegypter, (S. 102) dass die Babylonier vielleiclit die gleiche Kenntniss besassen, dass die Chinesen ihrer sicherlich theilhaftig waren. Emn chinesischer Schriftsteller hat n~imlich gesagt:,,Zerlegt man einen rechten Winkel in seine Bestandtheile, so ist eine die Endpunkte seiner Schenkel verbindende Linie 5, wenan die Grundlinie 3 und die Hbhe 4 ist" 2). Die geometrische und die arithmetiscbe Wahrheit vereinigten sich, nun in dem Bewusstsein des Pythagoras zu einem gemeinschaftlichen Satze. Der Wunsch lag nahe zu prilfena, ob auch bei anderen rechtwinkligen Dreiecken die Maasse der Seiten zu Quadratzahlen erho~ht das gleiche Verhalten bieten. Die einfachste Yoraussetzung war die des gleichschenklig rechtwinkligen Dreiecks, wo J116he und Grundlinie gleich der Libngeneinheit waren. Die Hypotenuse wurde gemessen. Sie war grosser als eine, kleiner als zwei Langeneinheiten. Die mannigfaltigsten Versuche mo5gen darauf angestellt, andere und andere Zahlenwerthe fUr die gleichen Katheten eingesetzt worden sein, urn eine Zahl fur die Hypotenuse zu erhalten. Vergebens. Man erhielt wahrscheinlich Zahlen, die dem gesuchten Maasse der Hypotenuse nahe kamen, N'aherungswerthe von j/2 wfirden wir heute sagen, aber es war noch emn Riesenschritt, von der Fruchtlosigkeit der angestellten Versuche auf die aller Versuche Uberhaupt zu schliessen, und diesen Schritt vollzog Pythagoras. Er fand, dass die Hypotenuse des gleichschenkligen rechtwinkligen Dreiecks mit messbaren Katheten selbst unmessbar sei, dass sie durch keine Zahl benennbar, dureli keine aussprechbar sei3); er ent1)So Jul. Fr. Wurm schon 1833 in Jalins Jalirbichern IX, 62. Meine denselben Grundgedanken einzeln durchfihrende Darstellung in den Math. Beitr. JKulturl. ist 1863 entstanden, ohne dass ich Jahns Aufsatz kannte. 2) Yergl. Biernatzki, Die Arithmetik der Chinesen in Crelle's Journal. Bd. 62. 8) Q~qo'v und iCXoyov sind die griechischen Namen Mfr Rationaizahi und Irrationalzahl; "InXovo heisst sowohi ohne Yerh~llniss als ohne Wort d. h. nicht, aussprechbar.

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 169
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 19, 2025.
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