Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Pythagoras und die Pytbagor~er. Arithmetik.13 139 Abgeschlossenheit Aegyptens Fremden gegenllber hatte 'die griechisehe Sage aber auch einen K'Onig gleichen Namens mit der Stadt erdaclit, der jeden Fremden schlachten liess. Zur Zeit der Sophisten. liebten die griechischen Rhetoren sich mit Redestilekehen gegenseitig zu Ulberbieten, Lobreden auf Tadelnswerthe, Anklagen gegen Vortreffliche zu verfassen. So hatte Polykrates eine Apologie jenes Busiris geschrieben, und nun wollte Isokrates dem. Nebenbuhler zeigen, wie er sein Thema eigentlich hatte behandelen miissen. Polykrates, meint er, habe darin gefehlt, dass er dem, Busiris ganz unglaubliche Dinge zugescbrieben habe, einerseits die Ableitung des Nils, andrerseits das Auffressen der Fremden; dergleichen werde man bei ihm, niclit finden. Wir lflgen zwar beide, sagt er aufriclitig genug, aber ich mit Worte-n, weiche einem. Lobenden, Du mit solchen, weiche einem. Scheltenden geziemen. Aus diesem. Gestiiudnisse hat man die Folgerung gezogen, dass Angaben, die sich selbst als rednerische Erfindu-ng geben, nicht den geringsten Werth haben. Diese Foilgerung ist aber nur da, richtig, wo es um rednerische Erfindung sich U~berhaupt handein kann. HMitte also Busiris,7 dem. Jsokrates lobend nachuiigt, er sei der Urheber der ganzen agyptisehen Kultur gewesen, wirklich gelebt, wir wiirden doch von jenem Lobe niclits halten. Sind wir deshaib berechtigt, auch von der iigyptischen Kultur nichts zu halten,2 nichts von den iigyptischen Priestern als Tragern dieser Kultur? Das wifinscht wohi der Zweifelsiichtigste niclit. Und weun die ailgemein anerkaiante Thatsache aigyptischer holier Bildung nur den unwaliren Zwecken des Lsokrates mittelbar dienen soil, so hat es fair ihn audi nur mittelbare Bedeutung, weun er jener Thatsache eine Stiitze gibt, wenn er sich darauf beruft, Pythagoras sei Schifler dieser hochgebildeten Priester gewesen. Der falsche Satz: Busiris sei der Urbeber aller Bildung, wird dadurch in keiner Weise wahr, wenn die Bil-' dung vorhanden war, wenn sie auf fremde Persbnhichkeiten sich iibertrug. Ueberdies bedurfte Isokrates Zu diesem letzteren Erweise keiner Unwalirheit. Er konute auf die Reisen,7 auf die Berichite anderer Mannmer sich beziehen. eines Thales, eines ilerodot, eines Demokritos. Wenn er es vorzog, statt ihrer nur Pythagoras zu nenneni, so wird man das dadurch erkliaren miissen, dass das Ansehen, in welehem, Pythagoras scion zur Zeit des Isokrates stand, doch emn anderes war, als das der eben genannten wenn audi berifihmten Persbnlichkeiten. Jsokrates, wir k~5nnen es nur immer starker betonen, log nicht urn zu hlugen, er log nur in den Lobspriichen, die er seinem urn jeden Preis zu erhebenden ilelden zoilte, und die erfundenen Verdienste des Busiris konnten eine gewisse Scheinbarkeit, auf deren Erlangung es bei dem. rednerischen Kunststiickchen alleiin

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 139
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 16, 2025.
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