Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

too. 3. Kapitel.

Denkmailer in ilirein Abbildungen des Ki~nigswagens dessen Rider mit
6 Speichen verseben 1) (Fig. 15). Endlich 1st damit in Einklang
die Dreitheilung eines recliten Winkels, welche
auf einer assyrischen Thontafel geometrischen Inhaltes dureli G. Smith entdeckt worden ist, bevor
er seine letzte Reise, von welcher er niclit mehr
heimkehren solite, nach den Euphratlandern antrat;
Fig.15. eine Entdeckung, aus weleher weitere Folgerungen
Fig. ~ zu ziehen niclit gestattet ist, bevor der ganze Text
der Oeffentlichkeit ilbergeben ist. Darauf aber wird man, wie zu
befiirchten steht, noch lange warten milasen, da die betreffende Tafel
seit der Abreise ihres Entdeekers niclit wieder gesehen worden ist,
also vermnthlich dureli ihn in irgend eine Ecke ftir kiinftiges Studium
bei Seite gestelit, eines Zufalles harret, der grade anf sie unter den
zahulos vorhandenen Tafein die Aufmerksamkeit lenkt.
Ist aber nunmehr die Seelistheilung des Kreises als bewusste geometrische Arbeit der Babylonier ausser Zweifel gesetzt, so wird man
auch unsere Behauptu-ng, die Sechstheilung sei duroi llerumtragen
des ialabmessers erfolgt, habe also die Kenntniss des Satzes von der
Seite des regehniissigen Secliseeks mit eingeschlossen, in den Kauf
nehmen muissen. Es ist nun einmal,7 ausser im Zusammenhang mit.
diesem Satze, emn Grund zur geometrischen Seelistheilung des Kreises
nicht vorhanden. Ausserdem sind wir im Stande eine Bestiitigung
aus biblischer Nachahmung auzuftilren. Wenan man, ohne mathematische Kenntnisse zu besitzen, sali, dass der Haibmesser 6 mal
auf dem Kreisumfange als Sehne herumgetrage-R nacoh dem Ausgangspunkte zuriickftihrt, so lag es sehir nahe Sehne und Bogen zu verwechseln und zur Annahme zu gelangen, der Kreisumfang selbst
sei 6 mnal der Haibmesser, bseziehungsweise 3 mal de-r Durelimesser.
Das gab die erste, freilich sebr unagenaue RecetifLicat ion einer
krummen Linie, emn Seitenstijek zu der in Aegypten vorgefundenen
(S. 507) Quadratur. Dort war ziemlich genau a = 3,1604...; hier
ist 7t = 3.
-Diese Formel findet sich nun anagewandt bei der Schulderung des
grossen Waseligeflisses, das unter dem Namen des ehernen Meeres
bekannt eine Zierde des Tempels bildete, weichen Salomo von 1014
bis 1007 erbauen Hess2). Von diesem Gefidsse heisst es: Und er
inaclite emn Meer, gegossen, 10 Ellen weit von einem Rande zuin
1) Nliniveh an.d its remayns by A. H. Layard. London, 1849. I, 837.
2) Die Datirung nach Oppert: Salomon et ses successeurs in den Annale de philosophie chretienne T. XI u. XIT. 1876.