Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

90 3. Kapitel. hin nur Meinungen aussprechen, fuir weiche die Runssern Belege his jetzt fast giinzlieh fehien. Das Sexagesimalsystem der Babylonier biingt, glauben wir', mit astronomiseli-geometrischen Dingen zusammen. So ungern wir von unserer Absicht der Geschiclite der Astronomie in diesem Werke fern zu bleiben abweichen, hier miissen wir eine kleiiie Ausnalime in so weit eintreten lassen, als wir von dem Alterthum babylonischer Sternkunde weliigstens Einiges bericliten'). Mag man die ilunderttausende von Jahren, dureli welche hindureli Plinius anderen Beriehterstattern folgend babylonische Beobaclitungen angestellt sein laisst, beliieheln; mag man zunachst auch den 31 000 Jaliren vor Alexander dem Grossen mit ungliiubigster Abwehr gegenilberstehen, aus weichen nach Porphyrius eine Beobachtungsreihe durch Kallisthenes an Anistoteles gelangte; folgende Dinge stehen fest: Klaudius Ptolemiaus, der Verfasser des Almagest, wusste von einer babylonischen Liste von Mondfinsternissen seit 747. Die Sonnenfinsteriniss, vom 15. Juni 763 ist in den assyrischen Reichsarchiven angegeben. FU~r Kbnig Sargon, der, wie wir sahen, etwa 1700 v. Chr. gelebt haben mag, ist emn astrologisches Werk verfasst, welches der englische Assyriologe Sayce entziffert und' iibersetzt hat. Fflr eine selir bedeutende Anzahl von Jalirestagen ist in diesem Werke, welehes wir am deutliehsten als Yorbedeutungskalender bezeichnen, erbrtert, weiche Folge eine grade an diesemn Tage eintretende Verfinsterung haben werde. Man tiberlege nun, weiches statistische Material an Verfinsterungen und ihnen folgenden Ereigpissen no-thig war, um emn soiches Wahrschcinlichkeitsgesetz, welehes man selbstverstiindlich fur unfehibare Wahrheit hielt, herzustellen; selbst wenn manehe Ereignisse nicht der Erfahrung sondern der Einbildungskraft des Verfassers des Kalenders entstammten, so wird man so viel zuzugeben geneigt sein, dass wahrscheinlich mehrere tausend Jalire vor Alexander eine babylonische Astronomie bestand, dass es unter allen Umstiinden zur Zeit von K'O5nig Sargon eine beobachtende Sternkunde der Babylonier gab, die damals das Kalenderjahr l~ingst besassen. Babylonisch und zwar aus Tahnlieh alter Zeit diirfte auch die 7 t'agige Woche sein, welche, wie wir schon gelegentlich bemerkt haben, in der biblischen Sch'Olpfungswoche sich wiederspiegelt, w'ahrend sie der A-nzahl der bekannten Wandelsterne ihren eigentlichen Ursprung verdankt. Auf die babylonische Heimath ')Eine sehr iibersichtliche Zusammienstellung aller Quellen bei A. H. Say ce, The astronomy and astrology of the Babylonians with translations of the tablets relating to these subjects in den Transactions of the society of biblical Archaelogy. Vol. III, Part. 1. London, 1874. Vergl. auch das Prograrmm von A. Hilbler, Astrologie im Alterthumn, 1879

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
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Page 90
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 17, 2025.
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