Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

G eschichte der Mathematik. Classikerausgaben. Geometrie. Mechanik. 557

kennen mtisse, wenn man nicht dureli Verweisungen, welehe bald die
eine, bald die andere Ausgabe beriicksichtigen, ill Verwirrung gerathen.
solle. Dessbalb ist jeder Satz des Clavius mit doppolter IBezifferung versehen, euler im Texte fortlaufenden inach Theon, einer Randbezifferung
nach Campanus, d. h. also nach den Arabern, und grade die dadureli in
leicliter Weise erm~5glichte Vergleichung der eiuander entspreehenden
Ordnungszahlon, welche gestattet, oline Mfthe zu erkennen, ob emn
inittelalterlicher Schriftsteller nach dem arabischen odor nach dem
griechischen Euklid seine geometrischon Kenntnisse sich erworbon.
babe, Iiisst die Ausgaben von Clavius noch houto fUr gesehichtliche
Untersuchungen. das Beiwort der Unentbehrlichkeit verdienon.
Von einer spanischen Uebersotzung 1) der 6 ersten. Bileher der
ouklidischen Elomento,7 weiche 1576 in Sevilla gedruckt wurde, ist
uns nur der Name des Uebersetzers R odrigo Zamorano bekannt.
Emn Neapolitaner Giuseppe Auia') iiborsetzte auf Grundlage
einiger im Vatican befindlichen Codices geometriseli- astronoinische
Seliriften des Theodosins, weiche 1587 und 1588 gedruckt wurden.
Eiue Diophantilbersetzung ins Lateinisehe soil ebenderselbe angefertigt haben, fiber deren handschriftliches Vorhandensein bericltet wird.
Baldi,7 der gelelirte Abt von Guastalla (S. 547), iibersotzte die
Automaton dos Heron und. gab sie 1589 un Drucke heraus. Die
Originalhandschrift diesor Uebersetzung ist im Besitze Libri's3), eines
Liebliabers solcher Schniftstiicke, der sie zu beurtheilen verstand,
gewesen. Nach seiner Aussage wiire die Ausfiihrung der Federzeichnungen zn den Figuren von wunderbarer Vollendung gewesen,
wodurch der Bericht an Glaubwi~rdigkeit, gewinnt, dass Baldi ebensoviele Begabung als Neigrung zur Malerei besessen habe und nur mit
Gowalt von semnen Lelirern abgehalten worden sci,7 sich der Kunst zu
widm'en4). Audi Heron's Schrift fiber Wurfgeschosse hat Baldi flibersetzt, doci fand diese erst 1616 Ver~iffentlichung 5).
Em fMr die damalige Zeit hochmerkwiirdiges Druckwerk ist die
arabische Bearbeitung, der enklidiscien Elemente von Nasir Eddin
(Pd. I, S. 735), welche 1594 in Rom erschien6). Es wird berichtet,
dass Baldi grade dieses Buch mit Vorliebe in den Nacimittagsstunden
golesen habe 7).
Als letzten Uebersetzer von Schriften des Alterthums nennen wir
omnen Mann, der seiner Lebenszeit nach schon. wesentlich frilfier hiltte
')K1stner I, 263. 2) MontUCla I, 564. - Diophant iibersetzt -von
Otto Schulz (Berlin 1822), Vorbericlit S. XLII-XLIII. ') Libri IV, 72.
)lEbenda IV, 70. ~)Ebenda IV, 77, Note 1. )Kastsner I, 367 flgg.
')Libri IV,7 75.