Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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69. Kapitel.

zuziehen, von dessen Ausrechnung jedoch niclits gesagt ist. Endlich
koinmen noch einige Kbrperausrechnungen vor.
So das Buch des Estienne de la Roche. Das Urtheil iiber dasselbe hat sich im Verlaufe von etwa zehn Jahren sehr zn semnen Ungunasten verschoben. Auf uns, weicke wir die bessere Vorlage kennen,
maclit es den Eindruck eines rechit untergeordneten Werkes; auf einle
Zeit, weicher der Triparty noch nichit zugdnglick war, durfte und
musste es befriedigender wirken. Sah man doch nur die von Chuquiet
entlehnten Dinge, ohue zn wissen, wie genan sie entlelint waren, und
vor alien Dingen ohne zn wissen, was dem, Absclireiber in der Feder
stecken geblieben war.
Wir lieben diesen Gegensatz in der Wilrdigung eines und desselben Scliriftstellers dureli gleicli gewissenhafte Forselier, mbglicherweise dureli den gleiclien Forscher innerhaib knrzer Zwischenzeit
niclit ohne Absicht hervor. Uns diiucht, es falle dadurli emn bedeutsames Liclit auf den Werthi manclier Urtheile in der Geschiclite der
Wissenschaften. Sehen wir dock hier das deutlicliste Beispiel davon,
dass der glinzendste, Rulimestitel eines Gelelirten unter Umstiinden
darin bestehen kann,7 dass man seine Vorgiinger naiclit keanut, dass
das Dunkel, weiclies den Einen unverdientermassen umhUillt hat, den
llintergrund bildet, von weichem, das nur miissig helle Buld des Anderen
sick abhebt. Mllssen wir bei solchen Erwiigungen niclit misstrauisclh
werden namentlick gegen die Urtheile fiber soicke Maniner, derenl
Thatigkeit viele Jabhrlunderte hinter dem Zeitalter der huiufigen und
erleicliterten Vervielfal1tigung von schriftstellerisclien Leistungen zurfickliegend emn zuf alliges Verlorengegangensein dieser oder jener Quellenschrift urn so eker m~5glicli erscheinen hIsst? Nur emn Beweismittel
erseheint uns nahezu, nntrilglich. Wir meinen niclit etwa die cmnstimmicge Anerkennung der Zeitgenossenscliaft. Wie sehr diese trilgen
kann, beweist jedes Jalirliundert an Beispielen, die aufznfinden niclit
scliwierig sind. Aber wir meinen das Vorkandensein versehiedener,
von einem, Verfasser lierriilrender Werke,7 weiche alle den Stempel
li~lerer Begabung tragen. Der Fall ist kaum, denkbar, dass es eifleml
Mensclien gelinge, wiederholt in die Fusstapfen frillier Lebender s0
einzutreten, dass jede Spur des Vorgdngers verwisclit wilrde. Darum
diirfen wir getrost den Rulim eines Euklid, eines Archimed, eines
Apollonius als einen durcli keine Neuentdeckung zn. gef lirdenden
eracliten, diirfen wir mit gleicher Zuversicht Manner wie Leonardo
von Pisa, wie Regiomontanus ilinen zur Seite stellen. Von ihiinei
allen trifft das Merkmal zu, dass ilir Ruf, als balinbrecliende Geister
in der Mathematik gewirkt zu haben, auf melir als nur eine von ihneil
verfasste Sclirift sick griu-det.