Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Andere Italiener. Die Franzosen Chiuquet uind Lefwvre. 36

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mit einem. imaginiiren Ausdrucke, das sind doch Dinge, die ihirem.
U~rheber einen Platz unter den Mannern von walirhafter Erfindungsgabe anweisen. Wir sind weit eutfernt davon, hier bestreiten zu
wollen, was wir selbst friliher behaupteten, dass Chuquet Vorgauger,
italienische Vorg~inger besessen haben muss, anl die er vielfach. sich
anlelinte. Aber besass Paciuolo diese Vorganger weniger? Und wenn
Chuquet entlelinte, woran Paciuolo trotz umfassenden Wissens niclitaclitend vorilberging, giebt das Chuquet nicbt erst recht das Zeugniss,
dass er zu wflrdigen verstand, was Paciuolo nebensiichlieb erschien?
Gewiss, wir diirfen, wir mflssen Chuquet als Mathematiker urn eine
betraclitliche Stufe h~iher als Paciuolo stellen.
Das ist nun wiederum niclit so gemeint, als bedauerten wir hier
die Lobsprieieh, welehe wir frillier auf Paciuolo's Summa huluften, als
sucliten wir sie zurtickzunehmen. Keineswegs. Paciuolo und Chuquet,
beide Manner, wie das beiden gespendete Lob bestehen geschiclitlich
gleichberechtigt nebeneinander. Man darf niclit vergessen, was die
Beriihmtheit, der Summa hervorbrachte, was sie m~iglich maclite. Sie
war, wie wir mit den schon einmal ausgesprochenen Worten wiederholen, das Werk, welches das BedUrfuiss der Zeit forderte, zugleich
das Werk, weiclies dieses Bedllrfniss durchaus befriedigte, und sie
ersehien im Drucke! Der Triparty blieb llandschrift, und er ware,
dfirfen wir behaupten, auch als gedrucktes Buch riicht zu der sofortigen Verbreitung und zu dem Einflusse gelangt, deren die Summa
sich erfreute. Der Eine kaufte und las die Summa als Lelirbuch der
Rechenkunst und. der Algebra, der Zweite wegen der Darstellung der
Buclihaltung, der Dritte wegen der Belelirung fiber Weclisel, welehe
er aus ilir sch~pfen durfte, der Vierte wegen der als Tariffa bezeichnieten Tabellen, der Fimnfte wegen der hundert Aufgaben am Schiusse
des Werkes; aber den Triparty hatte nur jener Erste etwa sich angeeignet, hatte ilin gelesen, vielleiclit verstanden, vielleiclit aber audi
niiclit verstanden. So vollendet klar Chuquet's Darstellungsweise uns
heute vorkornmt, den Zeitgenossen wiaren grade die Dinge, urn derentwillen wir ilin am li~chsten stellen, so ilberrasehend neu gewesen
dass die sachliche Scliwierigkeit von der spraclilichen Durelisielitigkeit keinen weiteren Nutzen gezogen liatte, als dass man statt am
Ausdrucke vielmelir am Inhalte verstanduisslos vorbeigegangen ware.
Wir dUrfen diese Behauptung aufstellen, denn wir sind in der Lage
lie zu beweisen. Emn Schriftsteller aus der ersten HIlafte des XVI. Jalirhunderts, mit dem, wir es im naclisten Kapitel zu thun haben werden,
hat ganze Seiten aus dem. Triparty einfacli abgeschrieben. Was uns
Von holier Bedeutung schien, das hat er vernachliissigt. IDer SeliriftSteller, wer er auci sei, und wann auci seine Lebenszeit falle, schreibt