Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Nicolaus Cusanus.19 191 die Gestalt des Grdssten als die des Kleinsten besitzt, so erkennt man den unsielitbaren Ursprung aller Dinge. Man sielit hieraus, dass Cusanus in der genannten Abliandlung es wieder mit der Coincidenz der Gegensiitze zu thun hat, und zwar derselben Gegensiitze des Grdssten und Kliejsten, von denen in dem ersten Buche der gelehrten Unwissenheit die Rede war. War aber dort vorzugsweise das Grdsste betraclitet worden, so wendet Cusanus im Berylle sein Augenmerk aussehliesslich dem Kleinsten zu. Der Punkt, sagt er, ist untheilbar, aber von iibertragbarer Untheilbarkeit'). Er ist untheilbar nach jeder Art des stetigen Seins und der Ausdehnung. Die Arten des Seins fUr das Stetige sind die Linie, die Oberilujehe, der K6rper. Es nimmt die Linie Theil an der Untheilbarkeit des Punktes, insofern sie naichtlinienhaft untheilbar ist, d. h. sie kann nicht in Stileke zerlegt werden, die niclit Linien sind, und sie ist nach Breite und Dicke untheilbar. Die Oberflicehe nimmt Theil an der Untheilbarkeit des Punktes, weil,sie unoberllUichenhaft, untheilbar ist; der Dicke nach Iiisst sie keine Theilung zu, weil sie eben kein K~irper ist. Der K~rper endlich niinmt Theil an der Untheilbarkeit des Punktes,2 insofern er in Nichtk~3rper niclit zerlegt werden kann, der Dicke nach ist er theilbar. In der Untheilbarkeit des Punaktes sind also alle jene anderen Untheilbarkeiten mit inbegriffen, und in ihnen wird nielits gefunden als die Entfaltung der Untheilbarkeit des Punktes. Alles was im Kdrper gefunden wird, ist foiglich niclits anderes als der Punkt oder ilim einzig Aehunliches 2). Und emn Punkt losgel~st vom lKIrper, oder der O)berfiuiche, oder der Linie wird niclit gefunden, weil er das innere Priucip ist, weiches die Untheilbarkeit verleilit. Bei diesen Stellen erwacht von selbst die Erinnerung an Bradwardinus (S. 119), der dem Punkte die Eigenschaft beilegte, die Untheilbarkeit an einen bestimmten Ort zu binden, und der jede Wissenschiaft walir namnte,2 in weicher die Yoraussetzung niclit gemacht werde, Stet~iges setze sich aus Untheilbarem zusammen, der auch das -Unendlichigrosse in das Bereich seiner Betraclitungen zog. Von selbst gedeiuken wir jenes Waither, jenes ileinrich, mit denen Bradwardinus lich auseinaandersetzte. Der alte Streit Uiber das Stetige, weicher Wolil1 in dem Jalirhunderte, das zwischen Bradwardinus und Cusanus lie~gt, auch niclit volistiludigem Frieden Platz gemacht hat, wenn er auch mehr emn chemisch-physikalischer zu werden den Anrschein geW'iunt, findet in Cusanus einen neuen Kampfer. Wir wissen von ibm C)Ons ani, Opera pag. 271 (De Beryflo cap. 17): punctumn autern communi(il indivisibilitas. ~)Omni igitur quod rep~eritur in corpore, non est nisi P Seum e similitudlo ipsius unius.

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 183
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0002.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 24, 2025.
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