Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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47. Kapitel.

sich dann durch Proportionen helfen. Wie das iihnliehe Dreieck
herzustellen sei, oh ans den Seitenilingen, odei' oh Dominicus gar an
eine dem spaiteren Messtische verwandte Vorriclitung dachte, ist nicht
angegeben. Jedenfalls erkennen wir in Dominicus de Clavasio einen
ffir seine Zeit hervorragenden Mathematiker.
Wir gelangen zu Nicole Oresme') (ungefiihr 1323-1382).
Der Name kommt in sehr verschiedenen Formen vor, z. B. Or emi,
Ho rem, Ho re n; audi fflr den Vornamen findet man mitunter Jean
statt Nicole oder Nicolas. Oh Oresme, wie eine Ortssage bericlitet,
in dem Dbrfchen Allemagne bei Caen, oh in Caen selbst geboren ist,
steht nicht fest. Jedenfalls kommt der Name Oresme in Urkunden
der Stadt Caen zu sebr versehiedenen Zeiten vor, im XIV. und noch
im XVII. Jalirhunderte. Im Jalire 1348 trat Oresme in das Colle'ge
de Navarre in Paris emn, dem er his 1361 angeh6rte, zuerst als
Schiller, dann als Lehrer, zuletzt als Vorsteher. Da die Schiller der
Regel nach zwischen dem 20. und 30. Lehensjahre standen, so hat
man darans auf das etwaige Gehnrtsjahr des Oresme schliessen k~nnen.
Audi emn Datirungsversnch einiger Schriften ist versucht worden.
Nach den Satznngen des Colle'ge de Navarre durfte kein Angeh~iriger
desseihen in ailderer Sprache als in der lateinischen schreihen,2 daher
miissen franz~5sische Schriften des Oresme -nach 1361 entstanden sein,
wiihrend natflrlich die niigekehrte Folgerung, alle seine lateinischen
Schriften mflssten vor 1361 zurtickgreifen, nicht gezogen werden darf.
In dem genannten Jahre wurde Oresme zum Decan der Kirche zu
Rouen ernannt und musste trotz anflinglichen Widerstrehens semnen
Wohnsitz dort nehmen. Dort trat er in Beziehung zu Karl V. dern
Weisen von Frankreich, der 1337 gehoren und seit 1356 Regent, nicht
Oresme's Schiller gewesen sein kann, wie man sonst annahm. Auf
Veranlassung des K.dnigs iihersetzte Oresme mehrere aristotelisehe
Schriften aus den schon vorhandenen lateinischen Uehersetzungell
in's Franz~sische. Seine Ausdrucksweise in dieser letzteren Sprache,
wird sehr geriihmt. Auch sein Latein war vorziiglich, und eine Predigt, welche er am Weihnachtsahend 1363 in Avignon hielt (die
') M a x. C u r t z e hat diesen Mathematiker so gut wie neu entdeckt m"Id
ihin drei Abbandlungen gewidmet, weiche wir als Curtze, Oresme 1,711,I1II
citiren werden. I. Per Algorismus Proportionum des Nicolaus Oresme zum ersteln
Male nach der llandschrift R{. 40. 2 der Gymnas.-Bibliothek zu Thorn heravsgegeben (1868). II. Zeitsehr. Math. Phys. XIII, Supplementheft S. 92-97. IllJ Pie
imathematischen Schriften des Nicole Oresme (1870). - Ein Conimentar (le',
Oresme zu den Mieteorologica des Aristoteles, welehen IH. Sut er in der Rtiftsbibliothek zu St. Gallen entdeckte und Zeitschr. Math. Phys. XXVII, llist.-Iiter
Abthlor. 5. 121-125 zum Theil bekannt inachte, scheint sehr interessa nt fuir dIi
Geschichte der Physik zu scin.