Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

63 entrindete Zweigstflckchen. Als einziges Merkmal des Renntieres dient hier das Geweib, das, wie die H~irner bei den alpinen Spielzeugkiihen, durch cine einfache Astgabelung oder durch zwei abgespa'ltene Holzsplitterchen dargestellt wird. Eine weitere Parallele zu den alpinen Spielzeugtieren, und zwar zu den oben bcschriebenen Knochentieren, bietet ein Kameel aus Gischin (StIdarabien), das sich im naturhistorischen Museum in Wien befindet. Dieses Spieizeug besteht aus einem unbearbeiteten Halswirbel des Kameels, das den Kameelleib darstellen soil. Das Interessante an diesem Spielzeugtier ist die Last, die zwischen den vorderen und hinteren Gelenkfortsatzen (Kameelhcscker!) kunstgereTht angebunden ist. (Taf. I, Fig. 30.) Die primitive schematische Darstellung der Haustiere, wie wir sic bei den alpinen Spielzeugtieren kennen gelernt haben, findet ihre ganz, merkwUrdigen Parallelen auch in den einzelnen Kunstprodukten des Urmenschen. Ich meine hier nicht die durch ihre Naturwahrheit wirklich verbiliffende Kunst des Paldolithikums, wie sie die diluvialen Mammut- und Renntierjdiger S~d~frankreichs hervorgebracht haben, sondern die von der Natur abgekehrte gegensttindliche Kunst des Naclipaldolithikums, fUr die ja zahlreiche Belege aus der jUngeren Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit vorliegen. Menschen und Tiere werden bei dieser Kunstrichtung so stark stilisiert, daft sie schijeilich zum Ornament, zum Schema werden. Emn charakteristisches Beispiel dafor sind die Urnenzeichnungen der al1teren. Eisenzeit Ungarns, wo Menschen- und Tierdarstellungen in einfache geometrische Figuren in Dreiecke gezwangt werden. Bei der stark schematisierten, auf wenige Linien reduzierten Tierdarstellung werden gewt~hnlich nur einzelne Ktirperteile besonders hervorgehoben, die dann als Kennzeichen des betreffenden Tieres gelten. So beispielsweise die Hbrner bei den Rindern. Dieser Erscheinung, die wir ja bereits bei' den alpinen Spielzeugtieren beobachtet haben, begegnet man vielfach in den bronzezeitlichen ligurischen Felsenzeichnungen, die bekanntlich in einigen Hochttalern der Seealpen, (Valle di Fontanalba, Valle d'inferno) in der Seehm5he von 1900-2600 m auf anstehenden Felsen und losen Gesteinsbiticken entdec'kt wurden.1) Die hier in der Draufsicht eingeritzten Rindergestalten sind zumneist Schemen, deren einzelne eine auffallende Ahnlichkeit mit den geschilderten Schweizer und Piemonteser Spielzeugktihen aufweisen. (Vgl. Fig. 2, liimit Taf. I, Fig. I und 3.) Es ist die gleiche, primitive, -stark reduzierte Darstellung des Rindes, bti der die Extr-emitdten sowie auch andere Details wegfallen und nur das Hauptattribut des Rindes, die 1HItrner, betont, ja zuweilen Ubertrieben hervorgehoben werden. (Fig. 2, 1, 2.) AuI3er den bis zur v0lligen Unkenntlichkeit schematisierten Rindergestalten, sieht man in den erwahnten Felsenzeichnungen auch solche, die naturgetreuer wiedergegeben sind. Zwischen diesen mehr physioplastisch und den vorhin erwdhnten ganz ideoplastisch dargestellten Rindern, gibt es 1)Nach Bicknel,(Zitiert nach Issel, Le rupi scolpite nelle alte valli delle 'Alpi Marittime. Bulletino di Paletnologia italiana, 1901.)

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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