Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
61 Eirne weitere Parallele zu den Schweizer Spiclzeugkiihen mit geschlossenen 1H6rnern zeigen die altagyptischen, den Stierkopf darstellenden Amulette. 1) Unter diesen letzteren, die, nach Petrie, die dlteste Form der Amulette bilden, finden sich auci soiche, bei denen die freistehenden H-6rnerenden, ganz ~ihnlich wie bei der Spielzeugkuh aus Wiesen, miteinander verbunden sind. (Fig. 2, 22.) Wie scion zu Beginn dieses Kapiteis hervorgehoben wurde, sehen wir in dem primitiven Spieizeugtier nur emn Schema, das mit dem Naturobjekt, das es darstelit, seir wenig Ahnlicikeit hat. Anders aber faf~t den gleichen Gegenstand das Kind auf. Mag die Spielzeugkuh noch so schematisci beschaffen sein, sie ist und bleibt fair das Kind scmn:liebes Vieht, dem es die gicichen Kosenamen beilegt wic der lebenden Kuh, so zum Beispiel puscha<<) emn Wort, das dem romanischen und germanischen Sprachgebict gemeinsam ist und, gleich dem frfther erwiihnten )loba(, einer vorr~Smischcn' Sprachschichte angehdren soil.') Das Kind begnilgt sich jedoch nicht mit ailgemeinen Kosenameni sondern jedes Individuum erialt gewb5hnlich noch semnen Eigennamen, wie Lisa, Morin, Mara u. s. xv., den ihm das Kind auf den Riickcn einkerbt oder mit dem Bleistift auf die Bauciflacie hinkritzelt. Die Spiclzeugktihe werden sorgfailtigst gepflegt. Ja, die Sorge urn ihr Wohibefinden geht so weit, daf! sic beschlagen werden, wenn sic irn Sommer auf die Aim gehen sollenc. Man pflegt naimlici in einzelnen Schweizer Gegenden, mit Rticksicht aut die steinigen Aimwege, den Kfihen die Hufe mit Nageln zu beschlagen. Das ahmen. die Kinder in der Weise nach, darseirnSiezukhn e denen die Extremitaiten in der Regel noch nicht differenziert sind, die ganze Bauchflache mit spitzen NMgeln beschiagen. (Vergl. Taf. I, Fig. 2) -Die Kt~he mtissen doch besciiagen werden, wenn sie auf die Aim gehen"(, mneinte ein Junge, ais ich ihn fragte, wozu eigentlich die Nagel auf der Bauchflache der Kuh dienen. Wie wir sahen, findet man so manches Erwahncnswerte bei unserem Spiclzeugvieh. Das Merkwilrdigste jedoci ist die Dtrichtigeo Spieizeugkuh, die in folgender Weise dargesteit wird. 3) Auf der Bauchflacic, gegen das anale K6rpcrende zu, ist emn vieieckiges Loch angebracit, das mit einem kieinlen Holzschiebcr abgescilossen wird. Offnet man dieses Schiebf~cb, so fallt emn Miniaturkalb heraus, das ganz und gar der Mutter gieicht. (Taf. 1, Fig. 23 a.) Die Ahniichkeit geht so weit, daiS das noch nicht geborene Kalb bereits ein Glockenband mit einer Kuhscheill tragt, die in Form eines spitzovalen Einschnittes auf der oralen Haifte der Bauchflache angedeutet wird. Emn gesunder, wenn auch etwas derber Volksiumor spricht aus diesem Spieizeug, das heute leider im Verschwinden begriffen ist. Es ist jedoch - wic meine diesbeziiglichen Nachfragen ergeben haben - nicht so lange her, 1) jean Capart, Les debuts de l'Art en Egypte, Bruxelies 1904, S. 188. 2) L. RUtirncycr, Op. cit. II, Basel 1918, S. 31. 3) Eine trfichtige, Spielzeugkuh aus Pitasci (Graubflnden) ist bereits von Herrn Prof. Hoffmann-Krayer erwahnt worden. Veriandlungen dcr Naturforschenden Gesellschaft in Basel, 'Bd. XXVI 1915, S. 270.
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