Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
56 Ethnographische Chronik aus Osterreich. Es wurde zu weit ftihren, den mannigfaltigen Inhalt der grol3en volkskundlichen Halle aufzuzahlen. Nur im Vortibergehen sei ein Blick auf den Tisch mit den Beleuchtungsgeraten aus Holz,, Eisen und Bronze, auf die hiUbsche Kollektion von Musikinstrumenten, die grotesken Holzmasken der Nikolaus-Spiele (Defreggen) und NeujahrsumzUge (Enneberg), endlich auf die Enneberger Schlitten, die an den Balken aufgehalngten Kuhschellen mit bunt gestickten Bindern, die Kummete mit Ziergehangen und das ibrige Pferdegeschirr geworfen. Ein Nebenraum birgt die Bauernkultsachen: die reichgekleideten Marienfiguren aus Unterinntal, die leider ungenagend vertretenen Votivtafeln, die primitiven eisernen Votivtiere, die Hinterglasmalereien und naiven Holzfiguren der beliebten Volksheiligen Martin, Florian, Georg. Aus Raummangel mulite hier auch der Volksschmuck Platz finden. Die Filigrannadeln und FUrtuchhalter aus Velthurns, die Altsterzinger Kamme, Schnupftabakdosen und Bestecke, die geschnitzten Pfeifenk6pfe sowie die mit Zinn- und Messingstiften oder Federkielstickereien geschmackvoll verzierten Baucbgurten und Frauenguirtel aus dem Pustertal. Hier wurde auch die Schuhsammlung untergebracht, die manches originelle Stuck aufweist, wahrend die Kostime in Truhen verpackt ihrer Auferstehung im Museumsneubau harren. Volkskunsterzeugnisse sind auch viele Objekte des Raumes ffr Schmiedeeisen, vor allem die Grabkreuze, von denen das schonste aus Ried im Oberinntal stammt, die geflochtenen oder ausgeschnittenen Pfannknechte, die Fensterkorbe, die Turbander und Turklopfer mit ihren mannigfachen Zierweisen. Weniger zahlreich sind volkstumliche Objekte in der Kupfer- und Zinnsammlung. Zwar ist die Zinnsammlung eine der gr6l3ten existierenden, aber es ist vorzUglich Importware oder in Deutschland von Professor Edg. Meyer gekaufle Gegenstande. Dali man aber fur Zinnsachen ohne Marke nicht zu voreilig fremde Herkunft annehmen darf, lehren die Gipsmodelle einer Imster Gieferwerkstiitte, die man nach der Eleganz der Formen nach Frankfurt versetzen wiirde. Natirlich fehlt es nicht an Gebrauchsgeschirr einheimischer Gieger, wie der Appeller in Innsbruck. Auch von den 150 verschiedenen Weihbrunnkragelchen mogen viele tirolischer Herkunft sein. Die Kollektion von Geraten aus Kupfer, Bronze und Messing ist nicht hervorragend, doch sind Glocken und Morser in den deutschen und italienischen Typen ausreichend vertreten, wahrend die Model meist nachlassig getriebene Nonsberger Erzeugnisse sind. Von der Mannigfaltigkeit der Gefafiformen - Eimer, Kessel, T6pfe, Kohlenpfannen etc - erhalt man immerhin eine gute Vorstellung. Umfangreich ist die Abteilung fur Keramik und Glas. Die tirolische Volkskeramik ist zu wenig erforscht, als dal man bei jedem Objekt die Provenienz nachzuweisen vermOchte, doch sind die Ampezzaner Teller mit weifen Tupfen auf violettem Grund, die Brunnecker Schasseln mit tiefbrauner Glasur und gelber Dekoration, die grinen oder gelben Weinkrage der Bozner Gegend immerhin kenntlich. Wie viel von den Welschtiroler Gefafien Nachahmung italienischer Ware oder Import aus Oberitalien sind, wird schwer auszumachen sein; auch die ubrigen Alpenlander, besonders Salzburg und das Salzkammergut sowie die Sudetenlander sind durch charakteristische Proben gut vertreten. Unter den Glassachen seien die emailgemalten Schnapsflischchen mit volksttimlichen Darstellungen und Sprichen und die angeblich in Kramsach hergestellten Schnapshunde erwahnt. Uber die Erzeugnisse der Kachelkunst, die vorzuglich in Nordtirol, in Brixen und am Nonsberg betrieben wurde, wird man erst einen Oberblick gewinnen, wenn die Ofen im Neubau aufgestellt sind. Auch in der Textiliensammlung herrscht das volkstumliche Erzeugnis vor. Neben den so beliebten Tisch- und Bettuchern aus Hausleinen mit eingewebten Tiermotiven finden wir die buntgemusterten Wirkteppiche von St. Sigmund im Pustertal und die zweifarbigen Decken mit Doppeladlern aus:Val di Sol. Fur den Hausfleifi der Tiroler Frauen legen die K1oppelspitzen aus dern Ahrn-, Groldner- und Fleimstal sowie die Flachstickereien mit roter Seide aus allen Landesteilen ein gutes Zeugnis ab. Die volkstumlichen Perlarbeiten der Biedermeierzeit sind in grofer Anzahl vorhanden. Interessant ist die reiche Kollektion von Zeugdruckmodeln der Tauferer und Imster Fabrikation in Holzschnitt oder mit eingeschlagenen Stiften.
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- Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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- Wien.
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- Folklore -- Periodicals.
- Folklore -- Periodicals. -- Austria
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