Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

Kleine Mitteilungen. 49 Die weitere Verwendung des Garbenstrohes zu Strohbandern, die urn die Obstbaume gebunden werden, gilt den Vegetationsgeistern oder den Ahnengeistern, die sicl auf den Fruchtbaumen des Hausgartens aufhalten. Wir finden diesen Branch auch in Niederosterreich. Nach P. Willibald L e e b (,Deutsche Heimat", II., 1906, S.52) gehen bei Waidhofen a. d. Thaya am Heiligen Abend simtliche Hausgenossen,Bamschatzen' (= Baume schfitzen, beschenken). Man legt natmlich einen Bund Kornstroh erst unter den Backtrog, geht hierauf damit kurz vor Anbruch der Nacht in den Hausgarten und umwindet jeden Baum mit einigen Halmen. Dann werden die Obstbiume im nachsten Jahre recht gut tragen. Der Backtrog, unter den man das zum nBamschatzen" bestimmte Stroh legt, sinnbildet nach Leeb (a. a. O., S. 53) die befruchtende Wolke, den Sonnenbrunnen. Doch glaube ich, da1i dem Backtroge eine andere Deutung zu geben sei. Unter den Trog, in welchem jenes Weihnachtsbrot geknetet wird, dessen Anschnitt man den Hausgeistern opfert, aus dem auch die Hausfrau die teigbeschmierten Hande zieht, mit denen sie die Fruchtbaume umfafit, wie H f l e r (Weihnachtsgebacke", S. 27) dies berichtet, wird das Stroh gelegt, damit an demselben restliche Teigteile als Opfergaben fiir die Vegetationsgeister haften bleiben. Die Weihnachtszeit gilt im allgemeinen als Loszeit, und Tiere bekommen in der heiligen Nacht die Sprache. Gleicbe Weissagungen der Ochsen berichtet Prof. Dr. Sepp (,Die Religion der alten Deutschen, S. 44) aus Deutschland, B6hmen und aus der Schweiz. Die mitgeteilten rumanischen Brauche zur Weihnachtszeit weisen nicht auf das christliche Fest hin, sondern auf ein Totenfest und wir finden dies bei H fler (a. a. O., S. 6) bestatigt. Daselbst heift es:,Daf dieses (weihnichtliche) Neujahrsfest in der Zeit der dunkelsten Jahresnachte mit einem Totenkult verbunden war, ergibt sich nicht nur aus den spater zu berichtenden Volksbrauchen, sondern auch aus der von S ch rad e r,Reallexikon", S. 980, aufgestellten Tatsache, dali ein solches Totenfest in weitgehender Ubereinstimmung bei fast allen indogermanischen V6lkern wahrend der winterlichen HAlfte des Jahres sich nachweisen ltilt. Kleine Beitrige zur osterreichischen Volkskunde. Von Prof. Jobh. K o tiAl, GOrz. Es ist eine bekannte Tatsache, dalf viele Pflanzen, Tiere, Gerate, landwirtschaftliche und andere Begriffe von verschiedenen Volkern unter abweichenden Gesichtswinkeln betrachtet, aufgefafBt und danach verschieden benannt werden. Es kommt vielfach vor, dafi ein romanisches Volk einen Begriff auf Grund der nfimlichen Anschauungsweise wie ein germanisches Volk benennt, waihrend die Ausdriicke fur denselben Begriff in verwandten romanischen Sprachen auf einem anderen Gesichtspunkte beruhen, der sich vielleicht bei Volkern anderer Stamme wieder findet, zum Beispiel bei Slawen, Griechen oder finnischugrischen Nationen. Da derartige Abweichungen in der Auffassung und Benennung von Begriffen far die Volkskunde oft sehr wichtig sind, so gebe ich hier funf Beispiele, und zwar zwei Tiere, ein Hausgerat und zwei landwirtschaftliche Begriffe an (Bachstelze, Fledermaus, Laffel, Grummet, Dainger). I. Die Bachstelze. 1. Diesen Vogel nennen viele VSlker,Hirtin', auch genauer,Rinder-, Pferdehirtin" etc.; die Serbokroaten govedarka,Rinderhirtin", die Tschechen konipasek,,Rofihirte", die Slowenen pastarica nHirtin", die Friauler pastor6le,Scbiaferinl, eine Abart davon (die graue Bachstelze) armentarese, auch boarine, beides,Kuhhirtin" (daneben mag noch franzosisch bergeronnette und spanisch pastorcilla, beides,kleine Schaferin", erwahnt werden). Auf Weideplatzen findet sie die gewunschten Insekten, und da sie sich deshalb meist in der Nathe des weidenden Viehes aufhalt, wird sie hier und dort als Hirtin aufgefaflt. 2. Weil dieses V6glein seine Nalirung, die Kerbtiere, hinter dem P flu g beim B e b a u e n d e s A c k e r s zu suchen liebt, so heifit es deutsch,Ackermannchen' oder nBauvogel' (von bauen = Feld bestellen, pfligen), schwedisch plog-arla und sades-arla Pflug"-, beziehungsweise,Saatv6ogein', auch franzosisch semeur,Saemann". Zeitschrift fuir osterr. Volkskunde. XVIII. 4

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