Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

Kleine Mitteilungen. 4 47 E r 1 a u. t e r u n g. tNach dern primitiven Volksglauben halten sich die Seelen der Verstorbenen noch'Itingere Zeit nach dem Ableben in der Ndhe 'ihrer Heimstaitten auf, sei dies im Hause selbst oder im, Hausgarten, im Hausbruntien (Quelle, FlaB) sowie in den Liifteln. Diese Seelengeister mfissen nun zu gewissen Kultzeiten durch Opfer vers,5hnt werden, damit sie den (Yberlebenden als Hausschutzgeister gifinstig gestiinmt blefiben oder aber sie mUssen dutch mancherlei Abwehrmittel ferngehalten werden. Bei dem gesch-ilderten Vorgange gelegentlich der Wasserweihe bei Tarnopol haben wir es mit Wassergeistern zu inn. In betreff dieser m6ge emn ahflicher Brauch, den Dr. Max H 6) ftI e r (,Weihnachtsgebdcke&', S. 11) anfathrt, mnitgeteilt werden. Die Leute in Mahren' legen am Weihnachts-abende von Ieder Speise einen L6ftel yoll auf einen besonderen Teller und schifiten nach dem Essen alies in den Hausbrunnell, das heit3l sie opfern den Wassergeistern; der dies tut, der sprichti: DIer Hausvater gr-Uit dich und MUi~ dir durch mich sagen, Brfinnlein geniel~e mit uns das Festmahil, aber daftir gib du uns Wasser in Fuille; wenn aber in dein Lande Durst herrschen wird, dann treibe ich dich mit deiner Quelle aus." Bei der Wasserweihe bei Tarnopol geben die Manner allerdings nicht Speise den Wassergeistern, sondern sie zUnden das Haar- an als Opfer far sie. Das Haar, oft als Sitz des Lebens und der Kraft betrachtet, wird nach E. S a m t e r (,,Geburt, Hochzeit und Tod', S. 182) hingegeben, darnit die Seele des Toten sich damit Wenug sein lasse und den Opternden verschone. Das Licht der Kerzen dient zum, Schutze gegen b6se Geister und die roten Maschen an den, Kerzen haben ebenfalls apotropfiische Bedeutung. Die rote Farbe ist emn Ersatz ftlr das Blutopfer. Hauf'ig werden rotes Tuch oder rote Bainder zurn Schutze gegen b6se Geister bei den verschiedensten Anlissen verwendet. Ich erinnere nur an den roten Tuchlappen, der mit dem gleichfalls als apotropaisch geltenden Dachsfelle an dem Kummet des rechts gehenden, vorn Fuhrmann unbeschtitzten Pferdes hangt. Ebenso bewahrt sich die Biquerin nach Professor Dr. M. H a b e r 1 a n d t (Osterreichische Volkskunst", S. 31) durch TObereinander-Einntihen des,Hexenstiches" und des,,Kettelstiches" in rotem Faden an irgendeiner Stelle des Kleides vor Hexen und b~sen Geistern. In Kfirnten wird, wvie Dr. Georg G r a h e r (,Alte Gebrfluche bei der Flachsernte in Karnten und ihr religi,5s-geschichtlicher Hintergrund." ~Zeitschrift fair Osterreichische Volkskunde", XVII, 1911, S. 149) berichtet, in das Flaclhsfeld emn rotes Papierfahnchen gesteckt, gewif3 auch nur, um schadigende Geister oder Damonen abzulbalteni. 2. Z w 6 i f n a c ht t e. Zur Zeit der Zwolfnachte werden alle aut der ruthenisehen' Bauernwirtschaft bei Tarnopol vorkommenden Feldfirfchte aut den Festtisch gelegt und das Tischtuch darubergebreitet. Unter den Feldfruchten ist auch der selhstgesponneve Flachs, den nun die Heilfrau des Dorfes zur Wundheilung benfitzt, indem sie kleine Phckch,~n zusammendreht; vier solicer Packchen legt sie bei Bedarf um die Wunde und ztinde't sie an. Dadurch nimmt die Wundheilung einen gfinsti,,eren Verlauf. Auch gegen IRotlauf wendet sie dieses Mittel an. Am Weihnachtsabend wird in der Stube Stroh auf den Fu~boden ausgebreitet und essen die Herrenleute gemeinSam mit Knechten und Mfigden das Festmahl. Die Hausfrau zundet Wei-hrauch und Kronabit an und berauchert jeden Festteilnehmer. Eine Gat-be des selbst geernteten Getreides steht in der Ecke der Stube. Eines der Festgerichte besteit aus Weizen oder Hafer mit Honig in Hanf6l gekocht. Nachdem diese Speise zur Gentige verzehrt ist, nimmt der Hauswirt einen LUffell davon und wirft das Mus an die Stubendecke. Bleibt dieses kleben, werden im kllnftigen Jabre sich die Bienenschwarrnle nicbt trennen. Am darauffolgenden Tage wirdI ein Teil des Strohes, das in der Ecke der Stube gestanden, in den Hot gebra~cht, angeziindet und die Leute springen durch das Feuer. Die Asche wird sodann in die Einfahr-t des Geh~ttes gestreut und das Vieh mugS darUberschreiten, damit es im inachsten Jahre gesund bleihe. Der tUbrige Teil des Garbenstrohes wird zu.Strohbandern verwendet, die um die Obstbtiume gebunden werden, damit sie im nachsten Jahre fruchtbar seien. Das Gericht des Honigweizens stammt, wie der ruthenische Bauer sagt, aus der Heidenzeit, da, als die Fluthenen das Christentum annahmen, die Heiden alle Frfichte des Landes vergifteten, nur den Weizen nicht.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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