Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

46 Kleine Mitteilungen. Marienlied fiber das ganze Land. Der Prediger auf der Kanzel stimmte dasselbe statt eines einfachen Mariengrufles an, und als im Jahr 1506 die erste gro51ere gedruckte Sammlung der Landesgesetze erschienen war, stand die Hymne an der Spitze des Werkes. Die Reformation unterdriickte zwar den Marienkultus, aber schon im 17. Jahrhundert lebte er wieder auf') und selbst heute noch wird Polen mit Recht das Land des Marienkultus genannt. Die flichtige Analyse der Sage hat gezeigt, daB sie eine typische Sammelsage ist, in deren Hauptstrom sich im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Nebenstrome ergossen hatten. Wenn auch manches von ihrer nationalen Eigenart dabei geschwunden ist, schopfte sie dennoch aus diesen mannigfaltigen Einwirkungen stets neue Krafte, die sie bis auf den heutigen Tag im Volksmunde lebendig erhalten haben. Oft aber - wie es das Tonpfeifchen, von dem die Arbeit ausgegangen war, gezeigt hatte - ist es das letzte Schicksal einer solchen Volkssage, daB ihre Helden, nachdem der Gipfel der Popularitat bereits erreicht worden ist, nur noch als Motive fur die Volksplastik verwendet werden. II. Ileine Mitteilungen. Eine verschwundene Steinopferstitte bei Rifflan (SUdtirol). Von Dr. Oswald Menghin, Wien. Riffian bei Meran, am Eingang des Passeier Tales, ist ein bekannter Mariengnadenort. Wenige Minuten vor dem Dorfe rauscht ein Wasserlein durch ein kleines schatliges Tal, fiber das der alte Weg nach Passeier setzte. Unter der Bricke sah man einen gut gemauerten, ungeffhr drei Meter hohen viereckigen Pfeiler, den man fur den Ueberrest einer durch Wildwasser vernichteten Miihle halten konnte. Eine Seitenlange dieses Bau — werkes betrug ungefahr einen Meter; von der Brucke war er vielleicht fuinf Meter entfernt. Ich kann alle diese Angaben nur beilaufig machen, da der Pfeiler und damit die an ihm haftende Sitte leider dem Bau der neuen Strafie in der Mitte der Neunzigerjahre zum Opter gefallen ist. Ich erinnere mich aber aus meiner Kindheit noch sehr wohl, dafg wir auf Wallfahrten und Ausfilgen nach Riffian Steine auf diesen Pfeiler warfen, da es hief, es sei allemal eine arme Seele erl6st, wenn der Stein auf dem Pfeiler liegen bleibe. Die Oberflache des Sockels war mit Steinen ganz bedeckt. Ruthenische Brouche. Von Robert Eder, Modling. Herrn Primararzt Dr. Th. B a b i y ill Mdling verdanke ich die Mitteilung einiger Brauclie der Ruthenen aus der Gegend bei Tarnopol, die volkskundlich interessant sind und deren urspriungliche Bedeutung ich zu erklaren versuche. 1. Wasserweih e. Am Tage der Wasserweihe gehen die Leute mit drei zusammengefugten Kerzen, die mit roten Maschen geschmuckt sind, zur Wasserweihe; nachdem jedes Madchen einen Krug Wasser geholt, zunden sich die Manner gegenseitig ein wenig Haare vom Kopfe oder Bart mit dem Kerzenlichte an, damit sie wihrend des nichsten Jabres nicht Kopfweh bekommen. 1) A. Bruckner:,Geschichte der polnischen Literatur", S. 21 f.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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Wien.
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