Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

Twardowski, der polnische Faust. 4 45 Kaiser semnen~ Zauberer vermilft, dann lieD er den Knecht zu sich kommen und erkundigte sich nach dem Aushleiben Vergils. Durch IDrohungen wurde er zum Gestalindnis gezwungen, dafl Vergil sich vor sieben Tagen in seine Burg begeben habe und seitdem nicht mehr gesehen worden sei. Der Kaiser ging nun mit seinern GefolIge nach der Burg und suchte so lange, bis er endlich im Keller das magrische Grab des Zauberers fand. Der Kaiser erziirnte bei diesern Anbliok und in dem Glauben, der Diener habe Vergil freveihaft ermordet, lieB er denselben auf der Stelle ti~ten. ))Und da sah und IlPjrte man ein nacktes Kindlein dreimal urn die Tonne laufen und rufen:,Verflucht sei Tag, und Stunde, daB Ihr hieher gekommen seid!L Seitdem ward das Kind nicht mehr gesehen und Vergil blieb, wo er war.( Die gegenseitige Einwirkung der Sagen sucht Herr Leppelmann historisch zu erkliren.1) Vergil der Zauberer ist der beriihmte r~imische Dichter Publius Vergilius Maro (geboren 70 v. Gb.) Einige dunkle Stellen in semnen Gedichten riefen scion im Mittelalter die Ansicht wach, dalI oanz besondere Weisheit und Geheimlehre darin verborg~en selen. Bald knfipften sich allerlei Sagen an den Namen Vergils, die bis ins 12. Jahrhundert zuriickgreifen und erst anfangs des 16. Jahrhundertes in einem franzizsischen Volksbuch gesammelt, ersehienen. Die Zeit des Humanismus, die die Jugend nach Italien (besonders Padua) und Frankreich lock-te, bewirkte es nun, dafl Vergil, der bereits im 15. Jahrhundert an der. Krakauer Hocbschule erliutert wurde, nicht nur als Dichter, sondern auch als Zauberer in Polen bekannt wurde. DalI Twardowski nur in Rom vom Teufel ergriffen werden konnte, deutet ebenfalls auf einen Einflurl von Italien hin. Diese Tatsache lalilt eine antiro-mische Tendenz vermuten, die in den damaligren religibsen Verhilltnissen Polens ihre Ursache hatte,'2) andererseits klingt sie aber an die Sage vom Papst Silvester II. an, der dem \Tertrage gemaifl nur in Jerusalem vom Teufel geholt werden konnte. Sorgsam hittete sich deshalb der Papst hinzugehen; als er aber einmal in Rom in einer Kirche, die, den Namen ))erusalem(( ftthrte, eine Messe las, erkrankte er und wurde vom Teufel geholtA1) Einen durchaus polnischen Charakiter triigt die Erzaihlung von der Befreiung TwardowskisI durch Anstimrnen des Marienliedes. Denn in Polen hat sich der Marienkultus von jeher einer besonderen Blilte erfreut. Die alItesten frommen Lieder, die im KlIarissinnenkloster Altsoncz entstanden, dienten der Verehrung Marias. Unter ihnen erhielt weitaus die ho3chste Bedeutung, der Hymnnus von der Gottesgebairerin, der Bogurodzica. Vom Kloster aus verbreitete sich das i) W. Leppelman~n, op. cit. S. 48. 2) W. Leppelmann, op. cit. S. 49. 3) Reichlin-Meldegg: Scheibles,,Kloster", 13d. XI, S. 300 und 536.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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