Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

42 42 Goldstern. Mantel, den Twardowski beirn Verlassen des Hauses umgeno mmen hatte und wurde auf diese Weise mit seinem Herrn in die Luft getragen. Zuweilen lat sich die Spinne an ihrem Faden hinab und bringt dann ihrem Herrn Kunde von dem, was da unten auf der Erde vor sich geht. Noch vor einig-en Jahren, so schreibt Wojeicki, zeigten die alten Leute, wenn der Voilmond in seiner ganzen Llerrlichkeit erstrahlte, emn k~leines Fleckehen am Himmel, das, wie sie schworen, des Zauberers Twardowskis K6rper ist. Die langen Fiiden aber, die Twardowskis Famulus jedesimal beim Herablassen auf die Erde gesponnen hatte und noch, spinnt, werden durch den Wind fiber Feld und Heide getrag~en und sind unter dem Namen ))Marienfadchen(( bekannt. 1) Das ist im grollen und ganzen die Sage von Twardowski, 2 ) die im Laufe der Jahrhunderte, wie es das eingehende Studium derselben ergeben hat, manche Bestandteile ande'rer Sagen in sich aufgenommen hat. Trotz dieser EinflUisse, behilit der Sagenheld Twardowski sowohi in seinem qiuBeren Lebensverhbiltnisse als auch in seinem. ganzen Wesen das national -polnische Gepriigye. Er ist das Produkt seiner Zeit, des 16. Jahrhundertes, als die Macht des Adels bereits ihren Htihepunkt erlangt hatte. Seit dem Reichstag von 1496 hatte dieser allein Zutritt zu den geistlichen Wdirden und das ausschliellliche Anrecht auf den Grundbesitz. Der Adel besetzt nun alle h6heren Staatsamter, bescha-ftigt sich lebhaft mit der Politik und die sorgenlose Adelsjugend reist nach Italien und Frankreich, besucht die Hochschulen und beschaiftigt sich besonders mit humanistischen Wissenschaften. Twardowski tritt nun als Vertreter dieses leichtlebigen, machtvollen Junkerturms auf, zu dessen Entwicklungsgang es eben geh6rte, die Hochschule eine Zeitlang zu besuchen. Herr Leppelmann nimmt auf Grund seiner Quellenstudien an, daB Twardowski ho~chstwahrscheinlich in Krakau stud iert habe. 3) An dieser im Ja'hre 1364 gegrtindeten Hocbschule bestand die Scholastik noch lange Zeit fort, wa-hrend sie im- Westen schon lalingst vom 1Humanismus abgek~st word en war. Ganz besonders wurden auf dieser Universitlit Mathematik und die Sternenikunde gepflegt, die seit jeher als Hilfswissernschaften der Zauberei oder Magrie galten. Deshaib verbot auch die Kirche der ersten christlichen.Jahrhunderte dem Kleriker unter Strafe der Exkommunikation das Studium dieser Fiicher. Wenn auch spiiter vom Staat und einigen Aufgeklarten der Kirche der Nutzen und die 1) J. N. Vogi:,Twardowski, der polnische Faust", S. 66. -0) Sie erinnert auglerlich vielfach an die Faust-Sage, mit det sie durch Raum urnd Zeit verkntipft ist. Da es aber nicht meine Aufgabe ist, die Beziehungen beider Sagen zueinander zu prtifen, verweise ich auf die bereits -zitierte Arbeit von Herrn Leppelmanii, wo dies ausftthrlich behandelt 1st. 3) W. Leppelnann, op. cit. S. 36.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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