Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

38 38 Goldstern. Dafl Twardowski ebenso eine historische Perso~nlichkeit ist wie Faust, darin stimmen alle Quellen flberein. Es lassen sich jedoch keine festen Daten ftir die Lebenszeit Twardowskis angeben. Herr Leppelmann, nach kritischer Durchsicht des vorhandenen Materials, nirnmt an, dafl Twardowski in der BUIitezeit der Krakauer Hochschule zu Ende des 15. Jahrhundertes gelebt habe und. daB seine Erdentage auch noch in- das 16. Jahrhundert hineinragten.1) Er lebte also zu derselben Zeit wie der deutsche Faust. Noch heutzutage werden in Polen einzelne Gegenstainde als Reliquien des grol~en Zauberers aufbewahrt und als solche auch vom Volke angesehen. Von diesen kommt vor allem, emn Spiegel in Betracht, der sich in der Kirche zu Wengrowo befindet. Er ist aus wei~em Metall, fein geschliffen, 22 Zoll ho.-h, 19 Zoll breit und in ei,'nen altmodischen Rahmen eingefailt, der folgende Insolirift triigt: ))Luserat hoc speculo magicus Twardovius artes Lusus est iste Dei versus in absequium est.(( An dem unteren Ende ist der Spiegel in zwei gleich grofle Teile gespalten. Diese Verletzungr soil nach der Ortssage von Klosterzo~glingen herrifihren: ergrimmt iiber die Fratzenbilder, die ihnen aus dem. Spiegel entgegenfletschten, schleuderteB sie einen Kirchenschltissel nach demselben. Auch eine eiserne Tttr, die mit einem eigenartigen SchioB versehen ist, betrachtet das Volk als wahres Denkmal von Twardowski. Sie soil aus jener Schenke stammen, in der der Teufel semnen Verbiindeten abg-eholt hat und bei der Befreiung Twardowskis aus den Hiinden des Teufels auf den Markt von Wislica gefallen sein, wo sie sich noch jetzt in der Kirche befindet. Noch gegen Ende des 18. Jahrhundertes bekam man in Krakau, unweit des SchioBtores, emn uraltes, finsteres und unheimliches Gebitude zu sehen, das Twardowski besessen und bewohnt haben soil. Auch in der Krakauer Universitaltsbibliothek wird in einem alten, an geblich Twardowski angehL~renden Pergamentbuche ein schwarzer Fleck gezeigt, der als Abdruck der Teufeishand gedeutet wird. Die Gestalt Twardowskis als historische Pers~nlichkeit wird vom. Nebel des Aberglaubens ziemlich stark verhiill~t. Die schriftlichen Zeugnisse iiber ihn, von denen sich das frtihfeste in den Werken eines polnischen Geschichtsschreibers findet,2) tragyen wenigr dazu bei, dieselbe deutlicher erscheinen zu lassen. Erst mit Hilfe der Sage, wormn sich historisch-nationale Momente widerspiegeln, hIdt sich dem, Bilde von der historischen Pers~nlichkeit Twardowsk-is etwas niiher kommen. 3) 1)W. Leppelmann:,Twardowski, der polnische Faust", S. 21. 2)Lukas Gornicki:,Der polnische Hofmann 1566."1 ~)W. Leppelmann, op. cit. S. 26.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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