Ausdrucke an vielen Stellen fast wörtlich übereinstimmt. Solche Uebereinstimmungen sind aber durchaus nicht selten und ebenso wenig überraschend. Der Dichter erfand nicht immer zu einem neuen Liede auch einen neuen "Ton", sondern dichtete häufig in einem bekannten, ihm zusagenden Tone. Auch das Volkslied wurde ohne Zweifel von den Kunstdichtern häufig als Modell genommen, vgl. Einl. zu W. L. X. Ueber einem Liede einer Sammlung aus der Zeit der Königin Elisabeth, veröffentlicht vom Herausgeber in Lemke's Jahrbuch für romanische und englische Litteratur, Jahrgang 1875, findet sich die Bemerkung: To the toune of: "The raire & greatest gift"; über einem anderen: "To be songe after Donkin Dar|geson". Die entsprechende Erscheinung im deutschen Meistergesang ist bekannt. — Derselbe Ton muss nicht immer ausschliesslich für die geistliche oder für die weltliche Lyrik verwandt werden, es kann im Tone eines weltlichen Liedes auch ein geistlicher Stoff besungen werden und umgekehrt, ohne dass dabei eine Ironie beabsichtigt wäre. — So verhält es sich augenscheinlich auch hier: In einem und demselben Tone preist das eine Lied die göttliche Liebe Christi, das andere die geschlechtliche Liebe. — Es ist sogar sehr leicht möglich, dass beide Dichtungen einen Verfasser haben: Die Sprache ist in beiden dieselbe; Reste von mittelländischen Formen weisen beiden dieselbe Heimath an; in der Handschrift stehen beide Lieder unmittelbar neben einander.
Auch hier haben wir wieder einen Refrain, der, wie in W. L. VIII., wahrscheinlich einem Volksliede nachgebildet ist. — Zu beachten ist, dass dieses Lied an Stelle des Reims häufig die Asso|nanz zulässt.
Die Reimordnung und die Anrede an die Geliebte erinnern auch hier wieder an die Romanze, aber die Verse zeigen mehr Abwechs|lung, wie in dieser zu finden ist.
Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 111.