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ZUM POEMA MORALE.
Das s. g. Poema morale ist eines der ältesten und in mehrfacher beziehung eines der interessantesten werke der me. literatur. Ich habe vorläufig nicht die absicht, die beantwortung aller der fragen, die sich daran knüpfen lassen, zu versuchen, sondern will mich für jetzt mit dreierlei begnügen.
Erstens will ich es nach einer bisher nur auszugsweise bekannten hs. abdrucken.
Zweitens will ich das verhältnis sämmtlicher hss. zu einander bestimmen.
Drittens endlich will ich zeigen, dass die behauptung von R. Morris, dass alle erhaltenen aufzeichnungen des gedichtes aus einer hs. des 10. jhs. geflossen sind, durchaus unhaltbar ist.
Vorher aber muss ich über die verschiedenen hss. kurz aus∣kunft geben: ich bespreche sie nach der alphabetischen reihen∣folge der buchstaben, die ich zu ihrer bezeichnung hier anwen∣den werde.
D = Digby hs. A 4 auf der Bodleiana in Oxford. Das gedicht steht auf foll. 97r-110v, auf den ersten 14 blättern einer lage von 16 blättern sehr kleinen formats. Der schreiber, der nach den schriftzügen dem anfange des 13 jhs., nach den sprachformen Kent angehört, hat sonst in diesem codex nichts geschrieben. Der erste buchstabe des gedichtes ist gross und rot: der erste buchstabe jeder strophe ist vorgerückt und auf der ersten seite rot durchzogen. Jede seite enthält nur eine spalte von je 28 zeilen auf linien. Diese hs. unterscheidet sich von allen andern dadurch, dass sie kurzzeilen gibt. Sie ist bisher nur auszugsweise durch die mitteilungen in Hickes' Thesaurus I, gramm. anglosax. pp. 222 ff. bekannt. Es sind dort abgedruckt 37 strophen, nämlich 1. 2. 13-15. 31. 32. 36-43. 58. 59. 85