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SPRÜCHWÖRTER HENDYNGS.
Unter Hendyng, einer Ableitung von hende "geschickt, schlau," hat man eine Personifikation der geistigen Gewandtheit zu verstehen.
Die Manier, volksthümliche Weisheitssprüche mit glossirenden Strophen zu begleiten, fand ihr Vorbild in den französischen "Pro|verbes del vilain" und den "Proverbes au conte de Bretaigne." Auch dort finden wir sechszeilige Strophen, an deren Schluss das Sprüchwort erscheint mit dem Zusatze: "Ceo dist le vilain", resp. "Ce dit li vilain."
Als Vater der im Volke verbreiteten, in alliterirende oder ge|reimte Sprüche eingekleideten Weisheit begegnet uns in früherer Zeit König Alfred: Proverbs of King Alfred, mitgetheilt in den Rel. Ant. I, pag. 170-188, nach einer Handschrift des Trinity College der Universität Cambridge (B. 14, 39), die aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts stammt. Auch in dem Streite zwischen Eule und Nachtigall wird eine grössere Anzahl von Sprüchwörtern dem Könige Alfred beigelegt. Die einleitende Strophe unsres Textes, die übrigens in den beiden andren Versionen (siehe weiter unten) fehlt, bezeichnet Hendyng, den Sohn Marcolfs, als den Urheber dieser Weisheitsregeln, in denen eine Art Volksphilosophie zum Ausdrucke kommt. Unter dem Namen Marcolf oder Marolf tritt in einem im