Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

Michael Iiaberlandt.
Imn Frilhling 1881 wanderten zwei Studenten im Festgewand
zurn Hotel de France auf dler Ringstraf~e. Michael Haberlandt und
ich waren es; wir gingen Georg Bilhler zu begrid~en. Der berithmte Inclologe war nach Wien berufen worden und tinter seiner
IFihrung soilten wir nun die bei Friedrich Milhler begonnenen
Sanskritstudien fortsetzen.
M. Iiaberlandt wurde einer der besten Schfiler BUIhiers.
Aber er blieb nicht bei der reinen Philologie stehen, sondern er
strebte instinktiv nach dem, was hinter dern Worte steht, nach
der Erkenntnis der KulturverhdiItnisse. Sein von grol~er Begabung
untersthltztes Streben war von Erfoig begleitet. Im Jahre 1885
erschienen seine >'Indischen Legenden"(, worinnen er Motive aus
der altindischen Dichtung, Sage und Spruchweisheit in glIdnzender
deutscher Darstellung wiedergab. Das leider viel zu wenig bekannte Bh~chlein ist eine Perle der deutschen Dichtung und wird
gewifg noch seine Wiederauferstehung finden. Im Jahre 1887
erschien Haberlandts IBuch: ))Der altindische Geist<". Aber seine
Studien erstreckten sich auch auf die anderen indogermanischen
Sprachen.
M. Haberlandt hat - wie nicht allzu viele Gelehrte - die
Gabe, zu sehen und zu h6ren und das Gelernte in glicklichster
Fassung wiederzugeben. So entstand, eine Anzahl von Aufsatzen,
die er gesamrnelt uinter demn bezeichnenden Titel >>Cultur im
Alltag" 1900 herausgab. DaI3 nach solcher Vorbildung und Schulung
Haberlandt sich mit Erfoig der allgerneinen Ethnographie zuwenden konnte, beweist sein Duch >>Die Vdlker Europas und des
Orients<< 1920, demn 1923 eine volkskundliche B~etrachtung Ostasiens
und neuerdings eine Volkskunde Europas (beides in G. Buschan's
Vdlkerkunde) sich anschliel~t.
So viel war notwendig, urn Haberlandts wissenschaftliche
Erscheinung nur einigermaflen zu zeichnen.
Was uns bei dieser Gelegenheit interessiert, ist. emn Besonderes,