Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

114 Lebzelter. Ende Oktober, im Laufe des November, wenn die weiten griinen Matten einen orangefarbenen Ton angenommen, der Reif an den ungeschiitzten Stellen das Gras verbrannt und ungenieBbar gemacht hat und die roten PreiBelbeeren durchsichtig und erfroren an ihren Stengeln hangen und abfallen, wenn die Wolfe landeinwarts ziehen und der Bar sich zum Winterschlaf vorbereitet, werden die Schafherden vom HIochgebirge herabgetrieben, immer ofter begegnet man solchen, ihre Heimstatte auf den Hohen verlassenden Herden. Sie sind wohlgenahrt und schwer behangen mit der feinen Wolle, schwarz, weiB und scheckig. Driben in Rumanien werden vorzugsweise die weiBen geziichtet. Die Hirten tragen ihre langen Schalmeien und manche ihrer geringen Habseligkeiten mit sich, zumeist haben sie dieselben schon vorher nach Hause geschickt. Die kraftigen Hunde beobachten sorgfaltig die Herde und halten sie zusammen. Die Schafe naschen hastig von dem Grase, das hier im Walde noch frisch und griin ist, fiber die moosigen Felsblocke auf und ab kletternd. Tiefer unten im Tale, wo die Bauernhauschen beginnen, werden sie ihren Besitzern zuriickgestellt. Es ist erstaunlich, wie genau der Hirte jedes einzelne Schaf aus der Herde kennt, weiB, wem es zugehirt und es bei seinem Namen ruft, dem es folgt. Dennoch bereitet dieses Ausscheiden der einzelnen Schafe viel Mihe, sie wollen die Herde nicht verlassen. Gefangen, rennen die sanften Tiere wild gegen den Zaun und bl6ken derselben sehnsuchtsvoll nach. Viele der armen Tiere erwartet nach dem herrlichen Sommerleben das Schicksal des Todes. Sie werden in groBer Anzahl zu den Markten zum Verkaufe gefiihrt. Wenn die Schafherden mit ihrem Glockengelaute und Gebl6k, dem Hundegebell und dem siilmelancholischen Rufe der Schalmeien mit den Hirten das Hochgebirge verlassen, liegen die Hohen wieder still und einsam da, nur von den Rufen des Geiers belebt. Unsere Kenntnisse von der physischen Beschaffenheit der Vclker Osterreichs. Von Viktor Lebzelter, Wien. Vorliegende Arbeit macht sich zur Aufgabe, im Ralmen dieser Zeitschrift unsere Kenntnisse von den physischen Eigentuimlichkeiten der osterreichischen Volker zusammenzufassen. Alle Kulturvolker, welche heute unseren Erdteil bewohnen, stellen Rassengemische dar. Die sprachlichen wie die kulturellen Grenzen fallen schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr mit den Verbreitungsgrenzen der RasseneigentUmlichkeiten zusammen. Die innerhalb einer Nation auftretenden anthropologischen Typen gestatten uns einen Riickschlul auf die Starke und die Natur der Mischung.

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Österreichische Zeitschrift für Volkskunde.
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Wien.
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