Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.

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Title
Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.
Author
Boeddeker, Karl, ed. 1846-
Publication
Berlin,: Weidmann,
1878.
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Subject terms
English language -- Grammar
English poetry
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"Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253." In the digital collection Corpus of Middle English Prose and Verse. https://name.umdl.umich.edu/AFY7793.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 16, 2024.

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DIALOGUS.
STREIT ZWISCHEN LEIB UND SEELE.

Der Streit zwischen Leib und Seele war früh ein beliebter Gegen|stand der religiös-moralischen Dichtung. Zwei ags. Versionen, von denen die ältere, dem 10. Jahrhundert angehörig, in dem bekannten Exeter|buche enthalten ist (herausgeg. vom B. Thorpe, Cod. Exoniensis, London 1842, pag. 367; und von Grein, Ags. Poesie, pag. 198), die andre wahrscheinlich aus dem 11. Jahrhundert stammt (herausgeg. von Sir T. Philipps, Fragment of Aelfric's Grammar, Aelfric's Glossary, and a Poem of the Soul and Body etc. London 1838. fol.), behandeln dies Thema in Form eines Monologs, einer Anrede der Seele an den Leib.

Th. Wright führt in seiner Ausgabe der lateinischen Gedichte, welche gewöhnlich dem Walter Mapes (gest. um 1210) zuge|schrieben werden, unter anderem einen "Dialogus inter Corpus et Animam" auf. In dieser Dichtung, der andre lat. Versionen zur Seite treten, finden wir die gelehrtere und kunstgemässere poetische Bearbeitung jener beliebten volksthümlichen Vorstellung. — Wenn man in einigen dieser späteren Darstellungen die Debatte zwischen Leib und Seele als Vision irgend eines Heiligen hinstellte (Visio Philiberti, herausgegeben von Karajan, Frühlingsgabe für Freunde älterer Literatur, Wien 1833; "eine dänische Nachahmung nennt ausdrücklich den heiligen Bernhard als Autor" Mätzner,

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Sprachproben pag. 90), so machte man sich damit einer frommen Fälschung schuldig, deren Gründe sehr nahe liegen: Der gelehrte Kleriker wollte einer weitverbreiteten volksthümlichen Idee den Stempel der Thatsächlichkeit aufdrücken und damit seiner Bearbeitung oder Um|arbeitung derselben (die lateinischen Versionen sind von einander abhängig) die Weihe andrer religiöser Schriften, wie z. B. der Le|genden, verleihen. — Die erste Strophe der dem Walter Mapes bei|gelegten Dichtung sei hier mitgetheilt:

Noctis sub silentio tempore brumali, deditus quodammodo sompno spirituali, corpus carens video spiritu vitali, de quo mihi visio fit sub forma tali. —

Als im 13. Jahrhundert mit der Wiederkehr des politischen Selbstbewusstseins auch die altenglische Muse aus ihrem Schlummer erwachte, da bemächtigte man sich dieses volksthümlichen Themas wieder, um es in volksthümlicher Form und Sprache zur Darstellung zu bringen. Th. Wright führt in dem oben angeführten Werke nicht weniger als acht handschriftlich erhaltene Versionen desselben aus dem 13. und 14. Jahrhundert auf. Herausgegeben sind von diesen ausser unsrem Texte noch zwei andre, der Text des MS. Laud 108 (Bodleiana) und der des MS. Vernon (Bodleiana), beide im Appendix zu dem erwähnten Werke von Th. Wright, ersterer auch in Mätzners Sprachproben. Während diese beiden Versionen eine sehr nahe Verwandtschaft erkennen lassen, zeigt unsre Dich|tung ihnen gegenüber in jeder Beziehung eine gewisse Selbständig|keit. Gleichwohl sind verwandtschaftliche Beziehungen, so indirekt sie auch sein mögen, nicht vollständig zu läugnen. Vgl:

wo worthe thi fleys, thi foule blod! Wreche bodi, wȝy listouȝ so (MS. Laud, v. 14 f.)

mit v. 7 und 8 unten. Ferner:

ȝwere beon thi castles and thi toures? thi chaumbres and thi riche halles? I-peynted with so riche floures? and thi riche robes alle? Thine cowltes and thi covertoures?

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thi cendels and thi riche palles? Wrechede it is now thi bour etc. (MS. Laud, v. 25 ff.)

mit v. 73-78.

Eigenthümlich ist unsrer Dichtung die Verbindung der Signa ante Iudicium, eines eben so beliebten Vorwurfs für religiös|volksthümliche Dichtung, mit der Debatte zwischen Leib und Seele. — Einen Fortschritt in der künstlerischen Gliederung des Stoffes zeigt dieselbe in sofern, als sie Rede und Gegenrede in Strophe und Anti|strophe regelmässig abwechseln lässt (bis auf die "Signa a. I."). Der Wortstreit selbst zeigt dadurch einen von den übrigen Darstel|lungen wesentlich verschiedenen Charakter, dass an Stelle der leb|haften, spitzfindigen Argumentation des Körpers ein klägliches Ge|winsel desselben getreten ist.

Für die Volksthümlichkeit und die weite Verbreitung des Gegen|standes unsrer Dichtung spricht am deutlichsten der Umstand, dass ausser den angeführten angelsächsischen, lateinischen und englischen Versionen auch griechische, altfranzösische, provenzalische, deutsche, niederländische, spanische, italienische und dänische Bearbeitungen desselben Stoffes vorhanden sind.

Eine grössere Zahl von Formen, die dem west-mittelländischen Dialekte angehören, macht es unzweifelhaft, dass wir die Uebertragung eines mittelländischen Originals vor uns haben. In v. 31 musste der Uebertrager die mittelländische Form "lis" des Reimes wegen stehen lassen; in v. 114 und v. 116 wird das Original die mittelländischen Formen "stondes" und "wondes" gezeigt haben.

Th. Wright, The Latin Poems commonly attributed to Walter Mapes, Appendix, pag. 346.

[folio 57a] In a þestri stude y stod Line 1 a lutel strif to here, Of a body þat was vn god, þer hit lay on a bere; þo spek þe gost wyþ drery mod, Line 5 ant myd sorful chere: "Wo wurht þy fleysh, þi foule blod; [wurht, ms. wrht; vgl. v. 181 u. 42.] whi, lyst þou nou here!

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fful kene þou were in halle, whil þou were alyue, Line 10 ffalse domes deme, chaunge two for fyue; [11, 12. Die Infinitive "deme" und "chaunge" sind mit "kene" zu verbinden.] falsnesse ant swykedom þou wrohtes ful ryue, [wrohtes, ms. wrohstes; vgl. v. 90, myhtes.] þare fore pyne stronge Line 15 makeþ þe þunne þryue." [þe, ms. me.]
þo spac þe body so dymme to þat drery gaste: " 'Wit me noht of synne, [Wit, ms. Was.] þat byndeþ me so faste! Line 20 I wende my worldes wynne [worldes, ms. worlds.] me wolde euer laste; þe bondes þat y am ynne, to helle he wolleþ me caste.' "
þo spak þe gost wiþ ryht: Line 25 "red soth al to wys: wher ys þi muchele prude, þy veyr ant þi gris? þine palefreis, & steden, & al þi purpris Line 30 þou ne shalt wiþ þe beren, wrecche þer þou lis."
þo saide þe body wiþ drery mod on bere þer hit lay: " 'Nou ys come her my deþ, Line 35 ant myn ende day; Bounden am y hond ant fot, þat y ne may away; Nou aren mi dawes done, y wende ha lyued ay!' " Line 40

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Line 40
"þou hauest ylyued to longe; wo wruþ þe, so suykel! [wruþ = wurþ, mit Metathese des r. Ich fasse den Ausdruck "wo wruþ þe" als verwandt mit "wo is him" auf (siehe Glossar) und sehe in "so suykel" einen verkürzten Relativsatz.] euer whil þou lyuedest fals þou were ant fykel; turne ryht to wronge Line 45 þou louedest al to mukel; pynen harde ant stronge to þe bueþ nou ful tykel!"
" 'Wrecche gost, þou wend away, [wend, ms. wen; vgl. v. 81.] hou longe shal þi strif laste? [strif, ms. strist.] Line 50 Wormes holdeþ here mot, domes byndeþ faste; Maked he habbeþ here lot on my fleysh to caste; [fleysh, ms. fleyshe, d. h. "fleysh" mit Querstrich durch sh.] Mony fre bodi shal roten, Line 55 ne be y nout þe laste.' "
"Body, miht þou nout lepen to pleyen ant rage, Wilde bueres beten, bynde lyouns sauage; Line 60 Pore men to þreten, & reuen here heritage; Wormes shulen eten [59, 61, 63. beten . . . . þreten . . . eten, ms. bete . . . . þrete . . . . . ete; der Reim hat mich veranlasst, der Form "lepen" wegen (v. 57) das n wieder herzustellen.] þy fleysh for al parage." [fleysh, ms. wie in v. 54. — for al parage, ms. for al þyn heye parage.]
" 'Wrecche gost, þou wend away, Line 65 ful wel þou const chyde; Y wot þat y shal rotien for al my muchele pride.

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Wormes shule eten [eten, ms. ete.] myn herte & my whyte syde; Line 70 Stynken worse þen any hound, so hit may bytyde.""
"Body, wher aren þy solers, þi castles, & þy toures? þine ryche cloþes, Line 75 & þine couertoures? fful lowe shalt þou lyggen for alle þine heye boures. Jesu, vader, & holy gost, shild me from helle shoures!" Line 80
""Wrecche gost, þou wend away, fare þer þou shalt fare! Me is nou wo ynoh, myn bones aren al bare; Min hous ys maked of erþe, Line 85 yturnd ys al to kare! þah þou chyde nyht ant day, of me tyd þe no mare.""
"Body, why nere þou byþoht, whiles þou myhtes þe welde, Line 90 On him þat made vs alle of noht, whet þou hedest to yelde? ffor oure synnes, for hyse noht, ys oune fleysh he selde; [fleysh, ms. wie v. 54.] His body wes on rode don, Line 95 so þe prophete vs telde."
"Body, wyld þou nou lyþe, [wyld = wylt; im Auslaute nach "n" und "l" tritt "t" in unsrer Handschrift oft für "d" ein, bisweilen auch "d" für "t".] & y wol telle þe Of wondres fele & ryue, er domesday shal be; Line 100

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Line 100 þe mon þat ys on lyue, he may hit here & see, þat world shal al to dryue, stones breke on þre."
"þe furste day shal springe Line 105 ase blod a red deu, þat al þis world shal sprede, by nymen gomen & gleu; þe grene tren shule blede, þat crist him self seu; Line 110 Wel his him þenne, [his = is.] þat haþ be god & treu!"
"þe oþer day shal fur brenne al þat hit for stondes; [al þat hit for stondes ("alles, was ihm im Wege steht"); ms. al þat hire fore stond; ebenso liest das Original "wond" in v. 116; wondes und stondes sind mittelländische Formen.] ne may hit no water quenche, Line 115 ne nout þat hit for wondes; [þat hit for wondes ("was es (Objekt) jetzt verwundet", d. i. tödtet, löscht), ms. þat hire fore wond.] þe world shal al o fure ben, ant þese brode londes; þenne shal oure louerd sayen: "suche aren myne sondes." Line 120
"þe þridde day shal flowe a flod þat al þis world shal hyle; [hyle, ms. hylen.] boþe heye & lowe, þe flume shal hit swyle; [flume, W. flunie; der Punkt über dem dritten Grundstrich von m im ms. scheint ohne Bedeutung zu sein, da ein schräg aufsteigender Strich den i-Punkt vertritt; vgl. auch "Christi Höllenfahrt", 204.] herre þen eny hul, Line 125 opo þe herþe a myle; Wel ys him þat ys trewe al þat ilke while."

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"þe furþe day shal blowe a wynd: so longe so hit dures, Line 130 castles adoun falleþ, [falleþ ist factitives Verbum.] boþe halles ant bures, þe hulles makeþ euene, smethe wyþ þe dales; him y telle a louerd, Line 135 þat þus con bete bales."
"þe fyfte day him comeþ ywys Eueruch best þat lyues ys; toward heuene ys hed halt, Ant þuncheþ wonder whet þis by halt, [whet, ms. wed.] Line 140 ant wolde clepe to oure dryhte, ah hy to speke ne habbeþ myhte."
"þe seste day ayen þe dom shule four aungles stonde, blowe þat þis world shal quaque [beme und honde sind Pluralformen.] Line 145 wiþ beme in here honde; ȝef hit ys any soule þat flet bi water oþer by londe, vp hit shal aryse anon ant to þe dom ȝonge." Line 150
"þe seueþe day shule vp ryse, ase þe bok vs tolde, In stat of þrytty wynter boþe ȝunge and olde; þilke þat god han ydon, Line 155 he mowe be ful bolde, When iesu crist wol come his harde domes to holde." [to fehlt im ms.]
"We mowe þer noud chyde, ne haue wordes stronge; Line 160

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Line 160 þe aungles shule quakye, þat crist shup wyþ hys honde; ant þe apostles .XII. [ms. .xij.] þat eoden wiþ crist in londe; ant alle cristes ycoren, Line 165 þat neuer loueden wronge."
"þenne shal segge oure louerd to seinte Marie, (bringinde þe rode opon ys bake, [bake, die Handschrift zeigt an k eine Schleife, vgl. Gramm. "das auslautende e".] þat stod on caluarie, Line 170 ant schowend vs hise fet ant honden al blody): [schowend, ms. schowen.] " 'ffor oure soule fode [oure: Der Buchstabe "u" ist konsonantisch zu sprechen.] deþ polede hy.' "
"þenne sayþ iesu crist Line 175 to sathanas þe vn hende: " 'fare awey, þou foule swyke, [þou foule swyke, ms. þe foule swyke.] ant þi cursede genge!' "
þenne saiþ þe gost "weylawey!" ant at þe ende "alas! Line 180 body, wo wurþ þe time þat þou ybore was! hy shal in to helle for þi trespas, ant þolien harde pinen Line 185 wyþ þat sory Judas!"
Such pleyntes makyeþ þe soule to þe fles, [fles, ms. fleyshe. Die Vorlage, auf welche wir unsren Text zurückführen müssen, las offenbar "fles", eine Form, die wir auch in andren Erzeugnissen des Mittellandes finden, z. B. in der "Story of Genesis and Exodus". Des Reimes wegen ist diese Form wieder hergestellt worden.]

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ant þus heo departeþ wyþ muche reunes; Line 190 þe soule in to helle, ant þat nis nout les, þe body to þe erþe, ant rotieþ endeles.
Whiles he wes in worlde, Line 195 he heuede frend ant kyn; When he is graued vndermold, [When, ms. Wen.] al cold ys hys yn, þe wormes sitteþ on ys brest, ant eteþ of ys chyn; Line 200 Ne haueþ he frend on erþe þat þenkeþ opon hym.
Al þis worldes pride, & al þis worldes ahte, ne mihte holde a monnes lyf Line 205 a day to þe nahte.
Were þer eny in londe þat myhte charre ded, Shulde no mon deye þat heuede eny red; Line 210 He wolde wiþ ys catel, bote he were a qued, Wyten from þe deþe þe body ant þe hed.
Iesu crist him seluen Line 215 is so corteis, for ous he soffrede deþ, ase þe boc hit seys.
alle we shule deye, be we neuer so proude; Line 220 for alle oure toures heye ligge we shule þroute,

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In forstes ant in snowes, in shures & in cloude; of alle oure riche cloþes Line 225 tid vs neuer a shroude; Whose haþ don for godes loue, he may be ful stoude.
Her we haueþ houses of lym ant of ston, Line 230 ant alle we shulen hem leuen eueruchon; fare we shule to a bour þat is oure long hom; nouþer more ne lasse, Line 235 bote from þe hed to ton þer shal rotie vre fleysh [fleysh, ms. wie in v. 54.] al to þe bon.
When þe flor is at þy rug, þe rof ys at þy neose, Line 240 al þis worldes blisse [worldes, ms. wolrdes.] nis nout worþ a peose.
Bote ȝef iesu cristes merci among vs more were, to wroþere hele not euer we [not, ms. þat.] Line 245 in londe comen here. to þin holy halewen, crist, bring vs alle yfere.
amen.
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